Hitzacker liegt an der Einmündung der Jeetzel in die Elbe, gesäumt von Elbhöhe und Elbtalaue. Diplom-Biologe Andreas Lange kennt die Region wie kaum ein Zweiter. Der 55-Jährige bringt Jugendgruppen den Elbe-Lehrpfad nahe – also ab ins Dickicht.
Hitzacker.
Laub raschelt unter den Füßen, wie braune Pergamentschnipsel bedeckt es den Waldboden. Darunter: Sand. Der Biologe lädt ein zur „kleinen Zeitreise, 200 000 Jahre zurück“. Er berichtet von Gletschern, die Sand von Skandinavien und aus der Ostsee zu einem Wall auftürmten, zu einer Endmoräne – 150 Meter hoch, 15 bis 25 Kilometer breit. Die Wandergruppe steht auf den letzten Resten dieses Walls, doch nun soll es von 75 Metern über Normalnull sanft bergab gehen.
Nicht aber, ohne kurz die Baldachinspinne am Wegrand zu beachten. Schließlich ist man im
Biosphärenreservat unterwegs. Das ist eingeteilt in drei Schutzzonen, so Lange: „A sind Ortslagen, B die Landschaftsschutzgebiete, C umfasst die früheren Naturschutzgebiete – also das Heiligtum.“ Und durch dieses geht es hinab in Richtung Elbe, die nach dem weißen Sand benannt wurde, der immer wieder auf den Waldpfaden im Herbstlicht aufleuchtet. Alba ist lateinisch für weiß. Irgendwann wurde aus dem Fluvius alba die Elbe.
Die ufernahen Wälder waren bevorzugte Jagdgebiete für Wölfe, erzählt Lange: „Die lebten hier wie im Schlaraffenland, da alle Tiere praktisch an ihnen vorbei zum Wasser mussten.“ Das währte aber nicht ewig. „Irgendwann konkurrierten die Menschen mit den Wölfen um dieselbe Nahrung“, erklärt der Biologe. Man entledigte sich der Konkurrenz. „Heute, viele Jahre nachdem die Wolfsschlucht ihren Namen bekam, gibt es in der Nähe bei Gartow wieder zwei Rudel Wölfe.“
Weiter geht es, durch Hochwassergebiete mit sumpfig-saftigen Böden. Das Laub wird weniger, die Brennnesseln mehr. Mischwald weicht der Elbtalaue. Ein Kuckuck, ein Kinderlachen, dann öffnet sich der Blick auf den Fluss. Gehölze und Tümpel beherbergen etliche Frosch- und Krötenarten, Molche, Krebse, Schnecken. Der Elbebiber kehrte etwa 1990 auch in die Elbtalaue zurück. Der geschätzte Bestand im Biosphärenreservat aktuell: mehr als 500 Tiere.
Der Auenwald mit seinen Pappeln und Silberweiden verzaubert. Das leise Singen einer wandernden Frauengruppe klingt aus der Ferne wie Elbenmusik. Die Eingänge zu den Bunkern am Wegrand, in denen die Nationalsozialisten einst Treibstoff versteckten, wirken da fast surreal. Ebenso wie der Gedanke an einen der nördlichsten und kleinsten Weinberge Deutschlands auf der nächsten Höhe über der Elbe – mit nur knapp 100 Weinstöcken. Kleine Serpentinen ziehen sich durch den Weinberg. Der Höhenweg entlang der Steilkante gipfelt an einem Aussichtspunkt mit Panoramablick auf Wälder, Wiesen und Wasser bis weit ins Mecklenburger Land.
Entlang der Storchenstraße mit ihren zahlreichen Nestern auf Schornsteinen und Reetdächern geht es zurück nach Hitzacker. Die Stadtinsel präsentiert ihre denkmalgeschützten Fachwerkhäuser und Gassen in rot-orangem Abendlicht. Der Elbstrand wartet mit seinem feinen Sand und einer Ruhe, die selten geworden ist. Info-Kasten: Wandern im Wendland
Ausflüge und Informationen
2016-10-06 10:01:00.0