Ab an die deutsche Küste! Nordsee und Ostsee sind im Winter ein Urlaubsziel mit ganz eigenem Charme – und manch skurrilen Traditionen.
Borkum.
Das Meer spielt die Hauptrolle an beiden deutschen Küsten. Die Nordsee kann im Winter zum Naturabenteuer im Rhythmus der Gezeiten werden. Je nachdem, ob der Wind von Land oder See weht, bestimmt er das Wetter.
Dagegen ist die Ostsee beständiger. Ebbe und Flut sind kaum spürbar. Die Luft ist weniger salzhaltig. Doch egal ob Inseln oder Festland, Nord- oder Ostsee: Der Winter zeigt den Gästen an den Küsten gerne die unberechenbare Seite der Natur. Trotzdem wird nicht mit Wärme gegeizt. Man findet sie statt am Strand im Spa, im tropisch warmen Schwimmbecken oder drinnen in gemütlichen Stuben, bei einer heißen Tasse Tee oder Grog.
Mit Algen, Sand, Schlick und Sonne entschleunigen
Die meist autofreien Ostfriesischen Inseln locken nach dem Strandausflug mit einem warmen Algenbad. Sie sind zertifizierte Thalasso-Region. Die Wellness-Anbieter nutzen die Heilkraft des Meeres mit Salzwasserbehandlungen, frischer, jodhaltiger Seeluft, Sonne oder Packungen mit Algen, Schlick und Sand.
Thalasso-Anwendungen sind auch in günstigen Pauschalen enthalten, etwa im Badehaus auf Norderney, dem ältesten Seebad der Nordsee – auch in der überraschenden Kombination Meersalz-Milchbad.
Komplett kostenlos ist das Gesichtspeeling, wenn der Wind Sand und Kälte ins Gesicht pustet. Eingefleischte Nordseeurlauber fühlen sich erst dann so richtig geerdet. Stramme Spaziergänge im weichen Sand gegen die steife Brise pusten den Alltagsstress raus und steigern die Fitness. Für Urlauber mit niedrigem Blutdruck, Atemwegsbeschwerden sowie für Allergiker und Hautkranke wird dem Nordsee-Reizklima außerdem eine heilsame Wirkung zugesprochen.
Die Naturgewalt als Kontrast zur Alltagshektik
Wer es gemütlicher mag, findet sich im Spa ein – und schaut Wind und Wellen vom Warmen aus zu. Das geht etwa in der Dünenspa-Sauna auf Spiekeroog oder auf Borkum in der Panoramasauna des Gezeitenlandes .
Ausgiebige Strand- und Deichspaziergänge spielen an der gesamten Nordseeküste die Hauptrolle im Winter. Für Abwechslung sorgen Wellness und Kultur. Bei Ebbe zeigen Führer die Naturkräfte im Schlick zwischen Festland, Inseln und Halligen. Traditionell enden einige solcher Wattwanderungen beim deftigen Grünkohlessen.
Friesische Aktivitäten sind Radeln, Reiten am Strand oder das Boßeln, eine Art Kugelwerfen. Hartgesottene wagen sich ans Eisbaden. In Nordfriesland locken im Februar die Biikebrennen. Das sind Scheiterhaufen am Strand, mit denen die Nordfriesen nach altem Brauch den Winter austreiben. Heute geht man im Fackelzug ans Feuer oder betrachtet die romantische Szenerie vom Ausflugsdampfer aus.
Traditionell lässt man an der Nordsee die Gäste eintauchen in die raue Welt der Seefahrer und Walfänger. Lieder erzählen Geschichten über reich gewordene Kapitäne und verwegene Strandräuber, die sich über verlorene Schiffsfracht hermachten. Das Strandgut dieser Zeit besteht meist Plastik. Angespülten Müll können die Gäste bei Strandsäuberungen entsorgen, die etwa der Nabu anbietet.
Derweil suchen die modernen Strandräuber nach Muscheln und Treibholz für die Deko zu Hause. Mit Glück finden manche auch mal Bernstein. Bei Ebbe oder nach Stürmen bücken sich einige Sammler nach buntem Meerglas. Das sind Scherben, die durch die Strömung am Meeresboden glatt geschliffen wurden. Hotspot für diese „Meerjungfrauen-Tränen“ ist Helgoland, Deutschlands einzige echte Hochseeinsel.
Auf der Suche nach Tränen der Meerjungfrauen und Hühnergöttern
Ein Schwenk nach Mecklenburg-Vorpommern: Dort punkten Usedom und Rügen neben der glanzvollen Bäderarchitektur aus der Gründerzeit mit den durchschnittlich meisten Sonnenstunden in Deutschland.
Stranderlebnisse sind an der Ostsee ebenfalls die erste Wahl – besonders auf Europas längster Promenade zwischen den Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin auf Usedom zum polnischen Badeort Swinemünde. Der 12,5 Kilometer lange Strand wird von prächtigen Villen gesäumt und führt in Heringsdorf an der längsten Seebrücke in Deutschland vorbei – und in Ahlbeck an der ältesten.
Auf Rügen können Strandwanderer direkt in den Buchenwald des Unesco-Weltnaturerbes Jasmund zum Waldbaden übergehen. Auf Usedom in den Küstenwald. Sammler suchen an den Steilküsten und westlich an der Mecklenburger Bucht nach Feuersteinen. Besonders begehrt sind Hühnergötter – Feuersteine mit runden Löchern – und versteinerte Seeigel und Donnerkeile. Danach sucht man am besten auf Fehmarn.
Die beiden originalen Thalassozentren stehen in Travemünde und Warnemünde. Daneben bieten weitere Einrichtungen Anwendungen mit Meerwasser und regionaltypischen Heilmitteln wie Heilkreide und Moor. Immer mehr Saunen bieten außerdem Schwitzen mit Meerblick. (dpa)