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Größte Fossilien-Fundstelle Europas ist für Besucher geöffnet

Größte Fossilien-Fundstelle Europas für Besucher geöffnet

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Foto: Getty
In Gers in Südwestfrankreich befindet sich eine der größten Fundstellen für Fossilien in Europa. Das Areal ist nun auch für Besucher geöffnet. Mehr als 20.000 Knochen von 90 Tierarten aus dem dem Zeitalter des Miozän wurden bereits gefunden – und es kommen stetig neue hinzu.

Toulouse. 

Es ist wie ein „Schnappschuss des Lebens“ vor 17 Millionen Jahren: Ein Schädel mit drei Löchern, die von einem Biss stammen, liegt nur 30 Zentimeter vom Kiefer eines Fleischfressers entfernt. Die Überreste zeugen von der erbarmungslosen Jagd und dem Todeskampf im inzwischen verschwundenen Urzeit-Dschungel von Gers in Südwestfrankreich. Dort liegt eine der größten Fundstellen für Fossilien in Europa – und die ist nun auch für Besucher zugänglich. Mehr als 20.000 Knochen wurden in dem Gebiet bei Montréal-du-Gers bereits gefunden. Sie konnten 90 Tierarten aus dem Zeitalter des Miozän zugeordnet werden, darunter vier, die bis dato unbekannt waren.

Die Überreste von Elefanten liegen dort, von fünf verschiedenen Arten von Rhinozerossen, von bären- oder hundeartigen Fleischfressern, von Krokodilen, Schlangen, Eidechsen, Riesen-Schildkröten, kleineren Nagetieren und größeren Pflanzenfressern wie Pferden oder der Hirsch-Giraffe, die erstmals 1995 in Montréal-du-Gers beschrieben wurde. „Ich lief über einen Knochenteppich“, beschreibt Francis Duranthon sein Erstaunen, als er erstmals nach der Entdeckung der Fundstelle 1987 nach Montréal-sur-Gers kam. Der Chefkonservator und Direktor des Naturkundemuseums von Toulouse erinnert sich: „Überall haben wir Knochen gefunden! Es gab so viele, dass wir uns gefragt haben, an welcher Stelle des Geländes wir anfangen sollten.“

Für manchen Besucher wirkt die Stätte wie ein riesiger Friedhof

Die Betreiber eines Kalksteinbruchs hatten die Wissenschaftler gerufen, nachdem eine Sprengung fossile Knochen zutage gefördert hatte. Dass so viele Knochen-Überreste an einer einzigen Stelle gefunden wurden, hängt damit zusammen, dass dort früher ein Sumpfgebiet war, das vielen Tieren zum Verhängnis wurde. Von den 1,5 Hektar des Ausgrabungsgebietes konnten bisher 400 Quadratmeter freigelegt werden. Für manchen Besucher wirkt die Stätte wie ein riesiger Friedhof mit einem Gewirr aus Gebeinen, Zähnen und Schädeln, die aus der Erde ragen. Jede Grabung birgt für die Wissenschaftler neue Überraschungen. Aus den Lehmschichten befreien sie zahllose Tierskelette.

Zu den besonders Außergewöhnlichen zählen eine Art großer Hund (Hemicyon stehlini) sowie ein löwenartiges Raubtier (Megamphicyon giganteus). Vier Tierarten wurden ganz neu entdeckt: Zwei Schweine, ein Rhinozeros und die Hirsch-Giraffe (Ampelomeryx ginsburgi), deren Körper einer Giraffe und deren Kopf einem Hirsch ähnelt. Angesichts der Nähe von Universitäten wie der von Toulouse und der Forschungen am dortigen naturhistorischen Museum könnten in den nächsten Jahren sogar europäische Master-Studiengänge für Paläontologen in der Region eingerichtet werden, meint Duranthon. Vorerst dürfen Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahre im Rahmen von Praktika den Profis bei den Grabungen helfen. Und für Touristen werden ab diesem Sommer geführte Touren in Montréal-du-Gers angeboten – eine Reise zurück in eine Zeit vor 17 Millionen Jahren. (afp)