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Der Rothaarsteig als ganz besonderes Erlebnis für Wander-Urlauber

Streifzug in rauer Höhe am Rothaarsteig

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Foto: Christiane Dase
Von Brilon im Sauerland führt der Wanderweg Rothaarsteig 154 Kilometer über den Kamm des Rothaargebirges zum Fuße des Westerwaldes. Diesen Sommer feiert er sein zehnjähriges Jubiläum. Eine Wanderung mit Ranger Klaus Pape durchs Mittelgebirge.

Essen. 

Dumpf klingen die Schritte der schlammverkrusteten Wanderschuhe auf dem feuchten Waldboden. Klaus Pape muss aufpassen, nicht über die Baumwurzeln zu stolpern, die sich wirr über die dunkle Erde schlängeln. Papes Labrador-Rüde Atos jagt unbeirrt voraus. Er kennt den Weg durch die Wald- und Moorlandschaft des Edertals, den Duft nach Regen und Pilzen, so gut wie sein Herrchen.

Seit acht Jahren ist Klaus Pape Ranger am Rothaarsteig, den Wanderweg gibt es bereits seit zehn Jahren. Pape ist 53, sein Haar weiß wie das Wollgras, das im Sommer wie ein Wolkenteppich über den Edertal-Wiesen liegt; das Gesicht ist von der rauen Gebirgsluft gerötet. „Raue Höhe eben“, sagt Pape. „Das bedeutet Rothaar im Althochdeutschen.“

Üppige Wiesenlandschaften

Raues Klima, weitläufige Natur. Wer im Sommer über den Rothaarsteig wandert, dessen Weg führt entlang üppiger Wiesenlandschaften voll von rotem Straußgras, in das der Wind silbrige Wellen peitscht. Auf sonnigen Blüten leuchten die bunten Flügel der Distelfalter, Fliegenpilze sprießen auf dem schattigen Waldboden. „Wir sind hier in einem der weitesten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands“, erläutert Pape.

154 Kilometer führt der Rothaarsteig von Brilon im Sauerland durch einsame Wälder und tiefe Täler, an Bächen entlang bis auf 800 Höhenmeter über den Kamm des Rothaargebirges bis zum Fuße des Westerwaldes. Gut die Hälfte seiner Strecke legt der Wanderweg dabei in Siegerland-Wittgenstein zurück – dort wo mit Eder, Sieg und Lahn die drei größten Flüsse des südlichen Schiefergebirges entspringen. „Die Quellen sind eine Besonderheit der regenreichen Region“, erklärt Pape. 135 Kilometer fließt allein die Eder von ihrer Quelle durch das Edertal über die Grenze nach Hessen in den Edersee und mündet bei Kassel in die Fulda.

„Man ist mitten in der Natur“

Den Weg durchs Edertal hat er in den Jahren als Rothaarsteig-Ranger laufen und lieben gelernt: „Bevor man ins Tal kommt, hört man noch die Autos auf der B62 Richtung Siegen vorbeirauschen“, sagt er. „Aber mit jedem Schritt, den man der Eder näher kommt, hört man die Straße weniger. Man ist mitten in der Natur.“

Bei seinem Streifzug durch das Edertal wandert Pape durch ein gelbes Blütenmeer. „Rainfarn, ein typisches Spätsommergewächs“, erklärt er und zerreibt eine der knopfförmigen Blüten zwischen Daumen und Zeigefinger. „Dieses Jahr ist er etwas zu früh dran.“ In vollem Glanz erstrahlt das Edertal im Frühling. Es ist Papes Lieblingszeit. „Dann kommen zartgrüne Buchenblätter aus ihren Knospen, und alles riecht frisch und besonders“, schwärmt er.

Flucht vor dem Alltag

Die Wanderer kommen das ganze Jahr über. Rund 1,5 Millionen Besucher wandern jährlich über den Rothaarsteig – die meisten von ihnen sind aus Deutschland. Aber auch Niederländer und Belgier laufen durch das Mittelgebirge. Für viele ist es eine Flucht vor dem Alltag, vor Terminen, E-Mails und Besprechungen. Handyempfang gibt es auf weiten Teilen des Rothaarsteigs nicht.

Inmitten der Natur herrschen eben andere Regeln. Es riecht nach Harz, nicht nach Abgasen. Anstelle des Stadtlärms hört man das Knirschen der Steine unter den Wanderschuhen. Am Ende eines langen Wandertages ist der Kopf leer.

„Wer über 30 Kilometer am Tag läuft, sieht gar nichts mehr“

Nicht mehr als zwölf Kilometer läuft Pape täglich. „Die Langsamkeit ist doch der Reiz“, sagt er. Über Wanderer, die den Rothaarsteig entlang hetzen, nur um Strecke zu machen, schüttelt er den Kopf: „Das ist nicht nur anstrengend, sondern sinnlos. Wer über 30 Kilometer am Tag läuft, sieht gar nichts mehr.“

Dabei gibt es rechts und links des Weges eine Menge zu entdecken. Angenagte Tannenzapfen etwa. „Da kann das Eichhörnchen nicht weit entfernt sein“, sagt Pape. Ein Stück weiter sieht der Ranger ein Reh, das bewegungslos auf einer Lichtung steht. „Viele Wanderer wären wohl blind daran vorbeigelaufen.“

„Viele Wanderwege waren komplett zerstört“

Die riesigen Brachflächen, die sich entlang des Weges zur Ederquelle ziehen, entgehen auch dem ungeschulten Auge nicht. Orkan „Kyrill“ hat sie hinterlassen, als er im Januar 2007 über die Region fegte und 25 Millionen Bäume, vor allem Fichten, entwurzelte. „Die haben Wurzeln so flach wie Teller“, sagt der Experte. Sind einfach umgekippt.

Nur ungern erinnert sich der Ranger an die Zeit des Wiederaufbaus. „Viele Wanderwege waren komplett zerstört.“ Heute sieht Pape „Kyrill“ als Besonderheit des Rothaarsteiges. Auf den gut zwei Kilometer langen „Kyrillpfaden“ können Besucher beobachten, wie sich die Natur Jahr für Jahr von den Orkanschäden erholt – ein Wandererlebnis der besonderen Art.