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Jung-Star Mario Götze braucht Ruhe

Jung-Star Mario Götze braucht Ruhe

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Borussia Dortmunds Kapitän Sebastian Kehl kann nach dem 1:1 in Gladbach und der Kritik an Jung-Nationalspieler Mario Götze nicht nachvollziehen. „Worüber sprechen wir?“, ärgert sich der Routinier nach dem Topspiel der Bundesliga.

Mönchengladbach. 

Mario Götze hatte es sich – na ja, bequem gemacht wäre etwas zu heimelig ausgedrückt. Götze hatte sich auf der Ersatzbank im Mönchengladbacher Stadion eher eingerichtet, hatte den Kragen seiner dicken Trainingsjacke hochgeschlagen und die Arme im Sitzen vor der Brust verschränkt. Sein Blick versprühte Nachdenklichkeit.

Vielleicht lag das an dieser Situation gut zehn Minuten zuvor, als Götze, Borussia Dortmunds Mittelfeldantreiber, im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach nach einem feinen Doppelpass mit Shinji Kagawa vollkommen frei vor Torwart Marc-Andre ter Stegen aufgetaucht war. So hatten sie in der zurückliegenden Meistersaison die Abwehrformationen landauf, landab ausgetänzelt, ausgespielt, ausgetrickst – wie auch immer. Und nach den Kombinationen berauschte sich eine Menschentraube in Schwarz und Gelb am Torjubel sowie am Hurra-Stil der Jung-Borussen.

In der 76. Minute feierten diesmal jedoch die Mönchengladbacher. Mit einem glänzenden Reflex hatte ter Stegen Götzes Schuss gehalten. Und somit seiner Truppe das 1:1-Unentschieden gerettet. Ein verdientes Remis in einer Begegnung, die ihrem Ruf als Top-Spiel aber nur phasenweise gerecht wurde.

Ein „leichtes Frustgefühl“

„1:1, weiter geht’s. Ich denke, dass jetzt alle wieder zufrieden sind“, sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp. „Bayern ist vorne und wir sind auch vorne dabei.“ Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte: „Dieses Spiel hätte keinen Sieger verdient gehabt. Allerdings hatten wir eine Phase, in der wir unsere Konterchancen cleverer hätten runter spielen sollen und das zweite Tor hätten machen müssen.“

Mario Götze zum Beispiel. „Den Pass auf Mario habe ich mir genauso vorgestellt“, erzählte Kagawa, um nicht nur auf Grund japanischer Freundlichkeit sofort seinen Mannschaftskameraden in Schutz zu nehmen: „Leider hat der Torhüter überragend reagiert.“ Ein „leichtes Frustgefühl“ sei aber schon da, „weil wir in Führung gegangen sind und die nicht halten konnten“.

Ein Frustgefühl war auch Mario Götze zehn Minuten nach seiner Auswechslung anzusehen, als er eingemummelt nachdenklich die Schlussphase verfolgte. Vielleicht war es aber gar nicht nur diese eine Szene oder sein insgesamt blasser Auftritt, über den Götze grübelte. Vielleicht rauschten auch Bilder und Schlagzeilen der selbst für einen Nachwuchsstar wie ihn atemberaubenden vergangenen Tage an seinem geistigen Auge vorbei.

Bilder vom Sieg beim FC Bayern München, den Götze mit seinem Tor sicherte, wenngleich er sonst – gezwängt in die taktischen Vorgaben – mehr defensiv als offensiv glänzte. Schlagzeilen von der Niederlage in der Champions League beim FC Arsenal. Erst über das 40 Millionen Euro schwere Angebot der Engländer für ihn, später über die Oberschenkelblessur, die seinen Auftritt in London vorzeitig beendete.

Champions-League-Heimspiel mit Final-Charakter

Es folgte das brisante Derby gegen Schalke 04 mit einer starken Leistung und eine Woche, in der Deutschland nur verglich, wer der bessere Dribbler, Taktangeber oder Torschütze ist: Gladbachs Marco Reus, der wegen eines Zehenbruchs gar nicht spielte, oder Dortmunds Mario Götze.

Aber ein 19-Jähriger kann eben nicht konstant ein Superstar sein.

„Für ihn wäre es am besten, wenn er mal in Ruhe gelassen würde“, antwortete BVB-Kapitän Sebastian Kehl auf die Frage, ob es nur zum Remis gereicht habe, weil Götze schwach gewesen sei. Während der Jung-Star, dessen Künste am Dienstag im Champions-League-Heimspiel mit Final-Charakter gegen Marseille dringend gebraucht werden, kommentarlos entschwand, hob Kehl seine Stimme an: „Wir haben in München gewonnen, gegen Schalke gewonnen und in Mönchengladbach, bei einem Spitzenteam, remis gespielt. Worüber sprechen wir?“