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Dortmund: Neonazis angeklagt – Gerichtsverhandlung findet ausgerechnet hier statt

Dortmund: Neonazis angeklagt – Gerichtsverhandlung findet ausgerechnet hier statt

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Prozessauftakt bei einem großen Prozess gegen mehrere Neonazis in Dortmund! (Archivbilder) Foto: imago images / Revierfoto / Hans Blossey / Montage: DER WESTEN

Dortmund. 

Großer Prozessauftakt in Dortmund! Das Landgericht verhandelt am Montag einen Fall mit mehreren angeklagten Neonazis. Da schon im Vorfeld viel Andrang erwartet wird, reichen die Räumlichkeiten im Gerichtsgebäude nicht aus. Die Verhandlung findet in einem Veranstaltungssaal statt.

Wegen des erwarteten großen Interesses und der vielen Verfahrenbeteiligten in der Corona-Pandemie wird der Prozess um zehn Neonazis kurzerhand ins Freizeitzentrum West (kurz: FZW) in Dortmund verlegt. Michael B. und weitere Rechtsextremisten müssen sich gegen den Vorwurf der Volksverhetzung verantworten.

Dortmund: Neonazis vor Gericht – Michael B. wegen Volksverhetzung angeklagt

Was sich bereits am 21. September 2018 in der Nazi-Hochburg Dortmund abspielte, sorgte bundesweit für Entsetzen. Am Abend des besagten Tages fanden zwei Kundgebungen statt, zu denen die Partei „Die Rechte“ unter dem Motto „Gegen Polizeischikanen und Polizeiwillkür. Das Grundgesetz gilt auch in Unterdorstfeld, Meinungs- und Versammlungsfreiheit schützen!“ aufgerufen hatte.

Die Versammlungen fanden in den Dortmunder Stadtteilen Dorstfeld und Marten statt. Rund 70 bis 100 Teilnehmer der rechten Szene sollen jeweils anwesend gewesen sein.

Zehn der Rechtsextremen müssen sich nun wegen schwerer Straftaten vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor antisemitische und ausländerfeindliche Parolen wie „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ gerufen haben. Außerdem seien Reichsflaggen gezeigt worden. Auch Pyrotechnik wurde gezündet.

Die Polizei war nach den Aufmärschen dafür kritisiert worden, dass sie die Demos nicht abgebrochen hatte.

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Polizeipräsident Gregor Lange teilt hierzu mit: „Ich bin froh, dass die umfangreiche Beweissicherung und die Ermittlungen durch erfahrene Beamtinnen und Beamte der von mir eingesetzten Soko Rechts in diesem Fall zu einer Anklage durch die Dortmunder Staatsanwaltschaft geführt haben. Denn Versammlungen, bei denen Demokratiefeinde Mittel nutzen, um ein Klima von Angst und Einschüchterung zu verbreiten, und mit antisemitischer Hetze oder ausländerfeindlichem Hass Bevölkerungsgruppen drohen, sind ein Angriff auf uns alle.“

„Für künftige Strafverfolgung von Rechtsextremisten von großer Relevanz“

Weiter hebt er die Wichtigkeit des Prozesses hervor: „Der in Kürze beginnende Prozess ist für die Frage der polizeilichen Gefahrenabwehr und für die künftige Strafverfolgung von Rechtsextremisten von großer Relevanz.“

Und genau aus diesem Grund sei die Polizei zum Prozessauftakt mit einem Großaufgebot vor Ort. Man erwarte, dass er die Aufmerksamkeit von „Personen aus dem rechtsextremistischen wie linksextremistischen Spektrum“ auf sich ziehen werde.

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Das ist Rechtsextremismus:

  • Sammelbezeichnung für faschistische und neonazistische politische Ideologien und Aktivitäten
  • bekämpfen Anspruch aller Menschen auf soziale und rechtliche Gleichheit
  • Politisches Ziel ist die Umgestaltung des Nationalstaats in eine autoritär geführte „Volksgemeinschaft“
  • Kennzeichen solcher Konzepte: rechtsextreme Symbole und Zeichen, Geschichtsrevisionismus, Islamfeindlichkeit sowie antisemitische oder antiamerikanische Verschwörungstheorien
  • bei organisierten rechtsextremen Gewalttaten spricht man von „Rechtsterrorismus“

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Die Polizei Dortmund versucht seit Jahren hart gegen Rechtsextremisten in der Stadt durchzugreifen. Im Jahr 2015 wurde deshalb die „Soko Rechts“ eigens gegründet. Nach den Kundgebungen im Jahr 2018 konnten die Beamten schon durchsetzen, dass die Parole „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ seither per Auflage verboten ist.

Mindestens sechs weitere Verhandlungstermine sind angesetzt. Weiter geht es am 8. November. (red)