Zwischen St. Martin und Weihnachten landet das gerupfte Federvieh oft auf dem Teller. Landwirt Ralf Linneweber macht einen Gewinn von 30 Euro pro Bio-Gans. Doch nur etwa 15 Prozent des in Deutschland verzehrten Gänsefleisches kommt auch aus dem Inland.
Schwerte.
Noch watscheln und schnattern sie. Aber ihre Tage sind gezählt. Bald werden die Gänse von Ralf Linneweber auf Tellern landen. Zwischen St. Martin am 11. November und Weihnachten haben Bratgänse Hochsaison.
Seit sieben Jahren hält Linneweber Gänse auf den Weiden rund um seinen Hof in Schwerte. Diese Saison sind es rund 500. Selbst züchtet er sie nicht. Der Landwirt ist auf die Aufzucht spezialisiert, so machen es die meisten Bauern in der Region.
Linneweber kauft die Gänse Anfang Juni von einem Betrieb bei Osnabrück. Dann sind sie zwei Wochen alt. Neun Euro kostet ein Küken, Gössel genannt. Da die Gänse „bio“ sind, muss der Landwirt für sie mehr bezahlen als für konventionell gehaltene. Deren Preis schätzt Linneweber auf knapp fünf Euro.
Im Herbst wird geschlachtet
„Kleine Gössel sind sehr empfindlich“, sagt der Landwirt. Ihr Gefieder sei noch flauschig und weise kein Wasser ab. „Bei Regen können sie sich schnell erkälten“, so der 40-Jährige. Deshalb werden sie in den ersten Wochen in den Stall getrieben, wenn es regnet. Sind die Gänse aus dem Gröbsten raus, beginnt das Geschäft. Die Vögel sind tagsüber draußen auf der Wiese, fressen und wachsen – bis sie im Herbst geschlachtet werden. Ein Kilo Gras verdrückt eine Gans am Tag bis sie nach 20 bis 22 Wochen schlachtreif ist.
Rund 56.000 Gänse wurden laut dem Branchendienst „Marktinfo Eier und Geflügel“ zuletzt in NRW gehalten. Seit 2010 werden für die Statistik allerdings nur noch Betriebe befragt, die mindestens 1000 Gänse halten, so dass die Gesamtzahl um einiges höher sein dürfte. Jedoch werden immer weniger Gänse in NRW gezüchtet: Vor zehn Jahren wurden auf den Weiden an Rhein und Ruhr noch 100.000 Stück gezählt.
Billiggänse aus Osteuropa
Etwa 15 Prozent des in Deutschland verzehrten Gänsefleisches kommt auch aus dem Inland. Viele Gänse werden aus Osteuropa importiert – hauptsächlich aus Polen und Ungarn. Häufig stammen tiefgefrorene Gänse, die man in den Tiefkühlregalen der Supermärkte findet, aus diesen Ländern. Wegen niedrigerer Lohn- und Produktionskosten sind sie wesentlich günstiger als deutsche Gänse.
2011 kostete die so genannte Frostware 4,58 Euro pro Kilo. Frische Gänse sind mindestens doppelt so teuer. Vergangene Saison lagen die Verbraucherpreise für Gänse im Einzelhandel zwischen 9,90 und 13,70 Euro pro Kilo. Am meisten können Landwirte für ihre Gänse bekommen, wenn sie diese direkt vermarkten. So wie Ralf Linneweber. Rund 100 seiner 500 Gänse reserviert er für Kunden, die vorbestellen. Manche Kunden machen das schon im Sommer. Der Rest landet mit Knödeln und Rotkohl auf den Tellern der Gäste in seinem Landgasthof neben dem Hof. 16,90 Euro pro Kilo kostet die Bio-Gans bei ihm im Laden. Bei durchschnittlich vier Kilo Gewicht kann er so 68 Euro erzielen.
Landwirt profitiert von Nachfrage nach Bio-Produkten
Das bedeutet aber nicht, dass er einen Gewinn von 59 Euro macht, wenn man den Kaufpreis von neun Euro für ein Gössel abzieht. Linneweber schätzt allein die Futterkosten für seine 500 Gänse auf 6500 Euro. Zusätzlich zum Gras fressen sie gemahlenes Getreide. Dazu kommen noch Löhne, Ausgaben für Geräte und Stall oder Kosten für die Schlachtung in einem Fröndenberger Betrieb.
Insgesamt 28 Euro investiert Linneweber in eine Gans. Am Ende bleiben etwa 30 Euro übrig. „Gutes Geld“, so der Landwirt. Er profitiert von der großen Nachfrage nach Bio-Produkten. „Die Leute wollen wissen, wo’s herkommt“, sagt er. Bis zur Schlachtung können sich die Kunden das selbst anschauen. So lange schnattern die Gänse auf der Weide nebenan.