Bitteres Ende für das traditionsreiche Schienenwerk TSTG in Duisburg: Bis Ende des Jahres soll das Werk abgewickelt werden. Der Chef des Mutterkonzerns, Wolfgang Eder, verteidigt die Schließungspläne. Die vielen Proteste bleiben offenbar ohne Erfolg.
Duisburg/Düsseldorf.
Ein Kapitel Industriegeschichte im Ruhrgebiet geht zu Ende. In Duisburg wird das letzte Schienenwerk Deutschlands geschlossen. „Es gibt da auch nicht den geringsten Lichtschimmer am Ende des Tunnels“, sagte Wolfgang Eder, der Chef des österreichischen Industriekonzerns Voestalpine, zu dem das Duisburger Schienenwerk gehört. Bis Ende des Jahres soll das Werk abgewickelt werden. Rund 350 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz.
„Es hat keinen Sinn, die Menschen hinzuhalten, hinzuhalten, hinzuhalten“, betonte Konzernchef Eder. In den vergangenen Tagen gab es in Duisburg Spekulationen über mögliche Käufer für das Schienenwerk mit dem Kürzel TSTG. Als potenzieller Investor wurde die Saarstahl AG gehandelt. Doch Voestalpine rechnet fest mit der Schließung. „Wir haben nun dreieinhalb Jahre hinter uns, in denen ein Jahr schwieriger war als das andere“, sagte Eder vor Journalisten in Düsseldorf.
Das Aus für das Schienenwerk ist bitter für den Standort Duisburg. Die Produktionsanlagen liegen im Herzen des traditionsreichen Stahlstandortes. Seit weit mehr als 100 Jahren, exakt seit 1894, werden in Duisburg Schienen hergestellt. Viele Jahre lang gehörte das Werk zum heutigen Thyssen-Krupp-Konzern.
Künftig sollen die Schienen für die Deutsche Bahn aus anderen Ländern kommen. Schienenwerke der Unternehmen Arcelor-Mittal, Voestalpine, Tata, Moravia und Severstal befinden sich in Spanien, Polen, Österreich, Großbritannien, Tschechien und Italien.
Appell an Kanzlerin als Vermittlerin in Sachen TSTG blieb erfolglos
Voestalpine erklärte, die Lage in dem deutschen Werk sei besonders schwierig. Das Material, das in Duisburg verarbeitet werde, liefere schon seit geraumer Zeit Arcelor-Mittal. Mittlerweile sei der Stahlkonzern aber im Geschäft mit Schienen einer der größten Konkurrenten von Voestalpine.
Die Proteste der Belegschaft und der Einsatz zahlreicher Politiker für den Erhalt des Duisburger Werks blieben offenbar erfolglos. „Für den Industriestandort NRW ist dieses letzte deutsche Schienenwerk äußerst wichtig“, hatte NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) noch vor gut einem Jahr gemahnt. TSTG sei schließlich ein wichtiger Lieferant für die Deutsche Bahn. „Eine Schließung wäre daher unverantwortlich.“ CDU-Landtagsabgeordnete hatten einen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel gerichtet, „als Vermittlerin eine Übernahme der TSTG durch einen Investor möglich zu machen“. Ebenfalls vergeblich, wie sich nun zeigt.
Voestalpine erklärte, der „einzig sinnvolle Partner“ für einen Verkauf wäre die Deutsche Bahn gewesen. Doch der Staatskonzern habe kein Interesse gezeigt.
Schienenkartell hatte für Schlagzeilen gesorgt
In die Schlagzeilen war TSTG geraten, weil die Voestalpine-Tochter neben Thyssen-Krupp und weiteren Firmen zu einem Kartell gehörte, das über Jahre illegal die Preise für Schienen abgestimmt hat. Noch heute befinden sich 205 Millionen Euro als Rückstellung in der Voestalpine-Bilanz, um mögliche Schadenersatzforderungen begleichen zu können und den Abschied aus Duisburg zu finanzieren.
Für die 350 Mitarbeiter haben Konzernführung und Arbeitnehmervertreter mittlerweile einen Sozialplan vereinbart. Er sieht unter anderem Abfindungen und Altersteilzeitregelungen vor. Ab Januar 2014 können die Mitarbeiter für zwölf Monate in eine Transfergesellschaft wechseln, in der sie qualifiziert und auf andere Arbeitsplätze vermittelt werden sollen.