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Bei Heinz Schenk kannte Witzischkeit keine Grenzen

Heinz Schenk war der Herr der Bembel

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Der am Donnerstag verstorbene Entertainer schrieb TV-Geschichte. Heinz Schenk sang in seiner Musik-Show „Zum blauen Bock“ das Hohe Lied auf die Provinz. Er babbelte Hessisch. Mit seinen frechen Sprüchen hatte der Herr der Bembel die Lacher immer auf seiner Seite. Ein Nachruf.

Wiesbaden. 

Wetten, dass sich Thomas Gottschalk einen Abschied wie Heinz Schenk erträumt hat? Als das „Schlappmaul“, wie Fans den TV-Conférencier wegen seines frechen Witzes nannten, die letzte Ausgabe der ARD-Show „Zum blauen Bock“ moderierte, sahen ihm 15,9 Millionen Fans dabei zu. 21 Jahre war der gebürtige Mainzer Kopf, Herz und Seele des TV-Klassikers. Kein Wunder, dass die ARD mit seinem Abschied in Ausgabe 208 auch die Show einstellte. Das Ende des „Blauen Bocks“ markierte zudem das Ende einer Fernseh-Ära. Kurz zuvor war das Privatfernsehen auf Sendung gegangen.

Dabei hatte Schenk den „Blauen Bock“ 1967 eigentlich gar nicht übernehmen wollen. Damals lief das Format schon seit zehn Jahren. Der Erfolg der Show war, wie so oft, mit dem Charme des Moderators verknüpft: Otto Höpfner. Schenk hatte Angst, den Auftrag zu vermasseln. Doch Hans-Otto Grünefeldt, Programmchef des zuständigen Hessischen Rundfunks, machte Schenk ein Angebot, dass der Moderator unmöglich ablehnen konnte. Erstens verkündete die Zeitung „Abendpost/Nachtausgabe“ bereits den Wechsel. Zweitens entgegnete Grünefeldt dem zweifelnden Schenk listig, er könne dementieren; doch das mache keinen guten Eindruck. Schenk willigte ein.

Gekonnt auf dem Grat zwischen Kalauer und Kabarett

Doch als ausgebuffter Show-Mann bestand der Neue auf Änderungen. Die rustikale Volksfest-Szene – Äbbelwoi-Ausschank mit Fachwerk-Kulisse – blieb. Doch Schenk übernahm bewusst eine andere Rolle als sein Vorgänger. Er trat, gemeinsam mit seinem Sidekick Reno Nonsens, erst als Oberkellner auf, später als Geschäftsführer, nie jedoch als Wirt. Den Job übernahm Lia Wöhr. So nahm ausgerechnet der konservative „Blaue Bock“ vorweg, was Frauenrechtlerinnen später mit Nachdruck einfordern sollten: eine Frau als Chefin. Tatsächlich war es aber so, dass Lia Wöhr zwar redete, aber Heinz Schenk als Herr der Bembel das Sagen hatte.

Das Trio bewegte sich gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Kalauer und Kabarett, allen dreien kam die schauspielerische Ausbildung zu gute. Ihre Pointen saßen wie wohlgezielte Dartpfeile. Dass die drei Moderatoren Hessisch babbelten, machte sie unverkennbar. Dass sie Mundart mit Witz verbanden, münzte den vermeintlichen Nachteil Dialekt in einen Vorteil um. Sie hatten stets die Lacher auf ihrer Seite.

Kein Wunder, dass der Mix aus launigen Sprüchen sowie Oper und Operette, Schlager und Volkslied bei einem traditionsorientierten Publikum gut ankam, zunächst am Samstagnachmittag, später, in den 80ern, am Samstagabend. 20 Millionen waren in der Regel dabei, wenn Schenk feststellte: „Witzischkeit kennt keine Grenzen.“

In der TV-Satire „Kein Pardon“ parodierte er sich selbst

Der im Mainzer Karneval gestählte Chef schrieb nicht nur seine Moderationen selbst, sondern auch die Texte seiner Lieder. Sein Schunkel-Hit „Es ist alles nur geliehen“ geriet nicht nur zum Klassiker; vielmehr ging der Text auch in die Umgangssprache ein. Damit war Schenk endgültig ins kollektive Unterbewusstsein der Bundesrepublik eingedrungen.

Selbst die Baby-Boomer, die Schenks Bespaßung in den 70ern eher unfreiwillig miterlebten, konnten sich der Faszination des Entertainers nicht entziehen. Hape Kerkelings Kino-Film „Kein Pardon“ war eine Hommage an die Frühzeit der Fernsehunterhaltung. Schenk war so souverän, sich in der Show-Parodie selbst zu parodieren – als Moderator, der stets versucht, seine Assistentinnen zu vernaschen.

Dabei war Schenks Ehefrau Gerti erklärtermaßen seine „große Liebe“. Als sie im vorigen Dezember nach 62 Ehejahren starb, sagte er: „Ich werde sie nie vergessen und bin unendlich traurig.“ Einsam war er obendrein. In der Nacht zum Donnerstag folgte Heinz Schenk seiner Ehefrau. Er starb in Wiesbaden, wie sein Manager Horst Klemmer erklärte, im Schlaf. Die TV-Legende wurde 89 Jahre alt.