Beim Forum Familienunternehmen ging es um das Thema Nachfolge. Bei Kostal wurde der Übergang auf die vierte Generation gründlich vorbereitet. Trotzdem macht sich das Unternehmen Sorgen: Die Erbschaftssteuer kann für Familienunternehmen tragische Überraschungen bereithalten.
Lüdenscheid/Hagen.
„Wir haben kein Patentrezept vorgestellt“, sagt Andreas Kostal. „Andere haben womöglich gute Gründe, es anders zu machen.“ Andererseits ist es auch kein Zufall, dass das Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) der Universität Witten/Herdecke sein mittlerweile 13. Forum Familienunternehmen, das sich diesmal mit dem Thema Nachfolge befasste, im Hause des Automobilzulieferers Leopold Kostal GmbH & Co. in Lüdenscheid veranstaltete. Denn bei Kostal ging der Übergang auf die vierte Generation, auf den nun 33-jährigen Andreas Kostal, ziemlich geräuschlos vonstatten. Und zugleich scheinen in Lüdenscheid die Bedingungen für eine erfolgreiche Nachfolge, die WIFU-Direktor Tom Rüsen generell formuliert – gezieltes Nachfolgemanagement im Rahmen einer langfristigen Familienstrategie – beispielhaft erfüllt.
Das würde Andreas Kostal selbst so nicht behaupten: „Die Nachfolge ist ein langer Prozess und noch nicht vorbei“, sagt er. „Nach eineinhalb Jahren lässt sich der Erfolg eines 100 Jahre alten Unternehmens mit weltweit 14.000 Mitarbeitern noch nicht beurteilen.“ Er denkt weiter. „Gute Familienunternehmen werden so geführt, dass sie enkelfähig sind“, nennt Rüsen diese Haltung. Andreas Kostal zeigt lieber den Staffelstab vor. Urgroßvater und Großvater sind darauf eingraviert, der Vater Helmut mit seinem Eintritt 1972 und er selbst mit der Jahreszahl 2008.
Erfahrung sammeln wie auf der Walz
Da hat er angefangen, zunächst als Abteilungsleiter, nach dem Studium und nach zwei Jahren bei einer anderen Firma. Die waren ihm wichtig. „Das ist wie bei den Handwerkern auf der Walz“, sagt Rüsen. „Die wollen auch neue Eindrücke sammeln.“ Für Andreas Kostal hätte die Walz noch länger dauern können. Aber die beiden älteren Geschwister wollten nicht ins Unternehmen eintreten und ihm selbst war es wichtig, längere Zeit gemeinsam mit seinem Vater im Unternehmen zu sein. Helmut Kostal ist nach wie vor in der Geschäftsleitung, hat aber den Vorsitz abgegeben. Und sein Büro. „Das war auch ein Symbol für die Mitarbeiter“, sagt der 33-jährige Chef, der betont, wie sehr er noch von der Erfahrung des Vaters profitiert.
Als Andreas Kostal 2008 kam, war gerade Krise. Nicht ideal zum Start. „Aber gerade in schwieriger Zeit lässt sich ein Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeitern aufbauen“, ist er überzeugt. Und er war vorbereitet. „Es gab immer die Option zu übernehmen, aber ich musste mir selbst klar werden, ob das richtig für mich ist.“ Das hält Andreas Kostal für entscheidend – dass der Senior wirklich loslassen und der Junior wirklich übernehmen will und nicht zu seinem Glück gezwungen wird. „Das scheitert meist“, hat Tom Rüsen erfahren. Und er weiß auch: „85 Prozent der Familienunternehmen schaffen es nicht in die vierte Generation.“ Warum? „Die verwandtschaftliche Verflechtung ist die größte Stärke, kann aber auch die größte Schwäche sein.“ Und die meisten Konflikte entstünden in Nachfolgefragen.
Familienunternehmer fürchten die Erbschaftssteuer
Andreas Kostal greift sich noch einmal den Staffelstab. Er nimmt das Symbol ernst: „Verantwortung gleicht einem Staffellauf. Es kommt darauf an, einen Vorsprung für die nächste Generation herauszuarbeiten.“ Und diese Einstellung wertet Rüsen als größten Vorteil der Familienunternehmen gegenüber anonymen Konzernen: „Deutschland ist das Mekka der Mehrgenerationen-Familienunternehmen. Darum beneidet uns die Welt.“
Doch nun drohen Gefahren, meinen der Wissenschaftler und der Geschäftsführer der 1912 gegründeten Firma. Die politische Diskussion um eine Veränderung der Erbschaftssteuer sehen sie als Neiddebatte und Bedrohung. Kostal: „Der überwältigende Teil des Vermögens ist gebunden und wird reinvestiert, um Wachstum und Zukunftsfähigkeit sicherzustellen.“ Rüsen warnt davor, Betriebsvermögen mit einem Aktienpaket gleichzusetzen: „Die jetzige Regelung hat das Rückgrat der deutschen Wirtschaft unterstützt. Auch künftig darf es keinen Bandscheibenvorfall geben.“
Andreas Kostal wird konkreter: „Es gibt auch ungeplante Nachfolgeprozesse. Da kann eine Steuerbelastung schnell ins Aus führen.“ Jetzt ist Rüsen wieder bei seinem Thema: „Die systematische Vorbereitung der Nachfolge ist nicht auf dem Niveau, auf dem sie sein müsste. Weniger als die Hälfte der Prozesse ist sauber vorbereitet.“ Aber genau deshalb gibt es WIFU-Foren.