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Putenfleisch vom Discounter fast immer mit Keimen belastet

Putenfleisch vom Discounter fast immer mit Keimen belastet

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Putenzucht Foto: dpa
Der BUND weist in einer Studie bei 88 % der Putenfleischproben resistente Baktegrien nach. Schuld sei der Antibiotika-Missbrauch in Mastbetrieben.

Berlin. 

Putenschnitzel, Putenoberkeule, Putenbrustfilet – auf 88 Prozent der bei Discountern gekauften Putenfleischproben hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) antibiotikaresistente Keime gefunden. Für eine Studie hatte er in zwölf deutschen Städten Produkte von Aldi, Lidl, Netto Penny und Real gekauft und im Labor 57 Proben auf Keime untersuchen lassen.

Dabei wurden sowohl MRSA-Keime (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) als auch ESBL-bildende Darmkeime (Extended Spectrum Beta-Lactamase) nachgewiesen. Die Waren stammten von fünf verschiedenen Geflügelfleisch-Lieferanten.

Neun von zehn Proben mit Keimen belastet

22 der 57 Stichproben wurden auf beide Keimarten positiv getestet, darunter Produkte, die beim Discounter unter den Namen Mühlenhof, Bauernglück, Landjunker, Gut Ponholz und Wiesenhof erhältlich sind. Bei weiteren 28 Proben wurden im Labor entweder ESBL oder MRSA nachgewiesen. Nur siebenmal fiel der Test für beide Keimarten negativ aus. Rund neun von zehn Putenfleischproben aus deutschen Discountern seien belastet.

Wie die Studie zeigt, habe kein einziger der getesteten Putenfleischlieferanten Waren anbieten können, die durchgängig nicht mit antibiotikaresistenten Keimen belastet gewesen seien. Bei den Stichproben der PHW-Gruppe, dem größten deutschen Geflügelfleischkonzern, trugen 20 von 21 Proben mindestens einen der beiden Keimarten. Bei der Firma Heidemark, die ebenfall zu den größten deutschen Putenfleischproduzenten gehört, waren 19 von 21 Proben belastet. Alle Lieferanten gehören dem von der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft eingerichteten Qualitätssicherungssystem QS an.

In dem Ergebnis sieht der BUND einen Beleg für den fortschreitenden Antibiotika-Missbrauch in der Geflügelmast. Denn eine hohe Zahl von Nutztieren auf engem Raum zu halten, sei nur unter Einsatz einer großen Menge Antibiotika möglich. Dieser sei dafür mitverantwortlich, dass wichtige in der Humanmedizin eingesetzte Medikamente ihre Wirkung verlören, warnt der Naturschutzverband.

So erschwerten insbesondere bei anfälligen Menschen die ESBL-produzierenden Keime eine Behandlung mit Antibiotika extrem. MRSA-Keime (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) könnten selbst schwere Infektionen auslösen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene sterben pro Jahr bis zu 4000 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken, warnt der BUND.

BUND fordert schärfere Gesetze für den Antibiotika-Einsatz

Nun seien die Politiker in der Verantwortung, zu handeln. Der BUND fordert schärfere Gesetze und verbindliche Pläne zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Masttierhaltung. Verboten werden müssten demnach vor allem die sogenannten Reserveantibiotika, die in der Humanmedizin nicht selten überlebenswichtig seien. In den Niederlanden, in Dänemark und in Frankreich setze die industrielle Tierhaltung diese Medikamente nicht mehr ein – im Gegensatz zur Mastviehzucht in Deutschland.

Ebenso das Arzneimittelgesetz für Tierärzte sei reformbedürftig. Rund 80 Prozent der in der Tierhaltung eingesetzten Antibiotika würden von nur fünf Prozent der Tierarztpraxen verkauft, teilt der BUND mit. Diese erhielten bei Großeinkäufen für Riesenställe lukrative Rabatte. Diese Praxis gehöre zum Schutz der menschlichen Gesundheit beendet.