Veröffentlicht inRegion

Warum Geldautomaten-Sprenger vor allem in NRW zuschlagen

Warum Geldautomaten-Sprenger vor allem in NRW zuschlagen

picturegallery-514049_1900680.jpg
Die Geldautomaten-Sprengung hat den Volksbank-Pavillon in Kirchhundem komplett zerstört. Foto: WP/Jürgen Schade
Die Serie von Bankautomaten-Sprengungen reißt nicht ab. Wöchentlich kommen mehrere dazu – vor allem in NRW. Der Sachschaden ist jedesmal enorm.

NRW. 

Die Serie von Geldautomaten-Sprengungen reißt nicht ab: In NRW gab es dieses Jahr schon mehr als Taten. Der Sachschaden geht in die Millionen. Die Täter sind nicht zimperlich. Ohne Rücksicht auf Verluste sprengen sie mit einem Gas-Gemisch und einer langen Lunte ganze Bank-Vorräume und Service-Pavillons.

Täter brauchen Anbindung zur Autobahn in die Niederlande

Und die Taten sind bestens geplant: In Kirchhundem zum Beispiel besprühten die Täter nicht nur sämtliche Überwachungskameras in der Umgebung – sie banden sogar die Türen benachbarter Gebäude von außen zu, damit kein Zeuge stört. Die Wucht der Sprengung zerstörte hier nicht nur das Bankhäuschen, sondern auch einen davor geparkten Opel. Sachschaden: 200.000 Euro.

Verletzte Unbeteiligte gab es bisher nicht. Als Täter vermutet das LKA verschiedene Banden aus Osteuropa, die für ihre Taten aus den Niederlanden über die Grenze „einfliegen“. Deshalb schlagen sie gerne in Grenznähe und ländlichen Orten mit Autobahnanschluss zu. Vor allem Aachen, Niederrhein und westliches Münsterland sind betroffen. Am „beliebtesten“ scheint der Montagmorgen.

Meist, so das LKA, fliehen die Täter mit PS-starken Limousinen der Marken Audi, BMW oder Mercedes. Und meist sind die Wagen geklaut. Eine Flucht im September schlug besonders hohe Wellen: Die wilde Verfolgungsjagd durch NRW ging 1:0 für die Flüchtenden aus – sie hängen 20 Streifenwagen und einen Hubschrauber ab. Der Audi ist weg. Die Behörden vermuten eine Automatensprenger-Bande hinter den Rasern.

NRW steht an der Spitze der Panzerknacker-Statistik

Seit März haben die Täter in NRW schon 33 Mal zugeschlagen (Stand 27. Oktober). Und schon letztes Jahr war NRW laut einer BKA-Statistik mit 23 Fällen bundesweit Spitzenreiter. Davor schlugen die Täter nur zehnmal jährlich zu.

Es gibt aber Techniken, die das Geld für die Täter unbrauchbar machen: Beim Bruch wird in der Geldbox eine Farbkartusche geöffnet – die Scheine werden blau oder rot eingefärbt. Aber diese Sicherheitstechnik sparen sich viele Banken offenbar. „Ein einheitliches Sicherheitskonzept gibt es nicht“, erklärt Steffen Stendel, Sprecher des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken. Die Versicherungen schreiben zwar bestimmte Sicherungstechniken vor, aber Farbkartuschen gehören nicht dazu.

Versicherungen schreiben Sicherungstechniken vor

Nach einem besonders schweren Fall in der Lausitz (bei der Explosion wurde im Juni ein kompletter Supermarkt zerstört) setzten sich Banken und Polizei zusammen, um ein Konzept zu erarbeiten so Steudel. „Wir können bisher nur auf das Vorgehen der Täter reagieren.“ Das soll anders werden. Ergebnisse gibt es noch nicht.

Zu den gesprengten Geldautomaten kommen mehrere gesprengte Fahrkartenautomaten an Bahnhöfen. Sie werden meist auf die selbe Art in die Luft gejagt. Allerdings machen die Täter hier weit weniger Beute. Der Zahl der Sprengungen nimmt laut LKA ab.

Fälle von Geldautomaten-Sprengungen seit März 

Ein kleiner Überblick über 15 der bisher 33 rabiaten Taten in NRW zeigt das Ausmaß der Raubserie:

27.Oktober: In Krefeld sprengen Unbekannte den Geldautomaten einer Sparkasse und fliehen mit einem dunklen Auto Richtung Autobahn. Die Fahndung mit Hubschrauber und Streifenwagen ist erfolglos.

26. Oktober: Am frühen Montagmorgen verwüsten die Räuber in Bonn-Bad Godesberg den Vorraum einer Bank. Sie sprengen den Geldautomaten und machen Beute in unbekannter Höhe. Zwei Vermummte flüchten auf einem Motorrad.

23. Oktober: In Gelsenkirchen-Resse sprengen die Täter am Montagmorgen gegen 4 Uhr den Geldautomaten einer Sparkasse. Nicht nur der Automat wird komplett zerstört – auch am Gebäude entsteht nicht unerheblicher Schaden. Die Täter rasen samt Beute in einem dunklen Auto Richtung A2 davon.

21. Oktober: Gegen 3.20 Uhr am Mittwochmorgen sprengen Unbekannte den Geldautomaten einer Sparkassenfiliale in Titz bei Düren. Den Tresor können die Täter aber nicht knacken.

19. Oktober: Ein Spaziergänger schreckt gegen 1.30 Uhr die Täter ab, die es am Montagmorgen auf einen Bankautomaten in Kranenburg abgesehen haben. Sie fliehen in einer dunkle Limousine und lassen am Automaten eine große Gasflasche zurück.

12. Oktober: Sechs Täter sprengen am frühen Montagmorgen in Mönchengladbach den Geldautomaten im Vorraum einer Bank. Laut LKA ist es der fünfte Fall in NRW binnen einer Woche.

9. Oktober: Gegen 3.30 Uhr schlagen Unbekannte in einer Commerzbank in Würselen zu. Die Täter flüchten laut Zeugen mit einem PS-starken Benz.

21. September: In Wachtendonk im Kreis Kleve sprengen die Täter am frühen Montagmorgen den Geldautomaten einer Sparkasse. Sie kommen mit Bargeld in unbekannter Höhe davon – der Automatenraum wird komplett verwüstet.

18. September: Freitagfrüh gegen 2 Uhr schlagen die Täter in einer Sparkassenfiliale in Bedburg-Hau zu. Der alleinstehende Pavillon wird völlig zerstört. Scherben und Türen fliegen zwölf Meter weit, die Panzertür des Automaten reißt aus den Angeln und schleudert über den Parkplatz. Schon Anfang Juni hätte die Täter es hier versucht.

27. Juli: Ungewöhnlicher Teil der Raubserie: Gegen 3 Uhr am Montagmorgen sprengen fünf Täter den Geldautomaten eines Baumarkts in Hamm. Der Sachschaden ist enorm, aber die Geldscheine werden von einer Farbkartusche unbrauchbar gemacht. Die Polizei nimmt in Tatortnähe einen Mann fest. Der 21-Jährige gesteht die Tat, seine Kompagnons sind verschwunden.

26. Juli: Unbekannte sprengen den Geldautomaten einer Sparkasse in Neuss. Der Vorraum der Bank wird komplett verwüstet – an den Tresor des Automaten kamen die Täter aber nicht.

12. Juni: Im beschaulichen Kirchhundem-Heinsberg im Sauerland zerstört die Gasexplosion gegen 2.40 Uhr einen Service-Pavillon der Volksbank. Das Häuschen war erst im März eröffnet worden und mit modernster Technik ausgestattet. Ein Hotelier sah nach dem Knall, wie sich zwei Gestalten an den Trümmern zu schaffen machten und mit einem dunklen Fahrzeug davonrasten. Die Täter hatten alles genau geplant: Überwachungskameras waren besprüht, die Tür des benachbarten Hotels von außen zugebunden.

Anfang Juni: In Bedburg-Hau versuchen sich die Täter an einem Sparkassen-Pavillon in Bedburg-Hau. Sie scheitern. Offenbar stimmte das Gas-Luft-Gemisch für die Sprengung nicht. Im September versuchen sie es nochmal – und haben Erfolg.

5. Juni: Am frühen Freitagmorgen gegen 3.50 Uhr schlagen Unbekannte an der A45-Raststätte Siegerland-Ost in Freudenberg zu. Der Sachschaden am Gebäude wird auf 50.000 Euro geschätzt.

25. März: Die Täter sprengen gegen 3.15 Uhr den Geldautomaten im Vorraum eines Obi-Baumarkts in Kamp-Lintfort. Auch die angrenzende Bäckerei Büsch wird stark beschädigt. Beute sollen die Räuber aber nicht gemacht haben.

14. März: In Selfkant treten die Täter (vermutlich) zum ersten Mal in Erscheinung. Ein Zeuge beobachtet die Vorbereitungen – die Täter brechen ab und flüchten in einem Audi Kombi Richtung Holland.