In den Jobcentern gibt es Wut und Unverständnis! Grund ist, dass die Bundesregierung die Sanktionen bei Fehlverhalten für die Empfänger von Hartz 4 bis Mitte 2023 aussetzen will.
Eine Beraterin spricht sogar von einer „Katastrophe“. Auch weitere Kolleginnen und Kollegen zeigen sich entsetzt.
Hartz 4: Empfänger tanzen uns „auf Kopf herum“ – Jobberater wegen Reform auf 180
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, befürchten die Praktiker nun, dass ihnen die „Hartz-Empfänger auf dem Kopf herum tanzen“. Die Aussetzung von Saktionsmöglichkeiten sei „leichtfertig“, klagen sie.
Die Ampel-Koalition will die Sanktionen im Fall von Fehlverhalten der Betroffenen voraussichtlich bis Mitte 2023 weitgehend ausgesetzen. Dieses Vorgehen ist als Zwischenschritt bis zur Einführung des neuen Bürgergeldes geplant. Die Erfahrungen aus dem Jahr evaluieren. Ab Juli 2023 könnten dann gegebenfalls wieder Abzüge von bis zu 30 Prozent möglich sein, jedoch soll das Bürgergeld insgesamt einen anderen Ansatz verfolgen. Die Empfänger sollen wertschätzender und kooperativer behandelt werden.
Einzige Ausnahme der sanktionsbefreiten Übergangsregel: Versäumt ein Leistungsempfänger mehrere Termine nacheinander, können ihm die Bezüge um 10 Prozent gekürzt werden.
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Mehr über Hartz 4:
- Hartz 4 heißt eigentlich Arbeitslosengeld II (ALG II).
- Es existiert seit dem 1. Januar 2005.
- Es ist die Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
- Es soll Leistungsberechtigten ermöglichen, ein würdevolles Leben zu führen.
- Allerdings kann die Leistung durch Sanktionen gekürzt werden.
- Die Ampel-Koalition will Hartz 4 in ein neues Bürgergeld umwandeln.
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Die Mitarbeiter in den Jobcentern zeigen laut „Süddeutscher Zeitung“ kein Verständnis für die Aussetzung der Sanktionen. Zwar würden sich die meisten Langzeitarbeitlosen kooperativ verhalten, aber bei einer Minderheit sei Druck notwendig. Die Berater befürchten nun, dass die Empfänger Maßnahmen wie Jobtraining einfach schwänzen könnten, ohne größere Konsequenzen befürchten zu müssen.
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Hartz IV: Früher waren Streichungen von 60 Prozent und mehr erlaubt
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil 2019 entschieden, dass der Regelsatz von Hartz 4 bei Pflichtverletzungen höchstens um 30 Prozent gekürzt werden darf. Zuvor waren Streichungen von 60 Prozent möglich, in Extremfällen sogar die komplette Sozialleistungen, einschließlich der Miet- und Heizkosten.
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Weitere Artikel über Hartz 4:
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ALG 2: Auch 10 Prozent weniger beschränkt das Leben spürbar
Die Hartz-4-Aktivistin Helena Steinhaus kritisiert, dass auch eine Kürzung um lediglich 10 Prozent bedeutet, dass den Empfängern nur noch „4,50 Euro am Tag für Essen“ zur Verfügung bleibt. „Jede Hartz-4-Sanktion ist invasiv und folgenschwer!“, so Steinhaus.
Der Regelsatz beläuft sich für Alleinstehende aktuell auf 449 Euro. Ein Abzug von zehn Prozent sind entsprechend 44,90 Euro weniger.
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Hartz 4: Union kritisiert Aussetzung der Kürzungen als „völlig falsches Signal“
Dagegen kommt Kritik von der Union an der Aussetzung der Kürzungen. „Die Ampel gibt ohne Not das Prinzip von Fördern und Fordern auf, und zwar gegen den entschiedenen Rat aus vielen Arbeitsagenturen“, so der tellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Hermann Gröhe (CDU) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das sei ein „völlig falsches Signal“.