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Eklat vor laufender Kamera

Eklat vor laufender Kamera

Ankara. 

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) war am Dienstag nach Ankara geflogen, um die Beziehungen zur Türkei zu verbessern. Doch dazu kam es nicht. Der künftige Bundespräsident scheiterte in der türkischen Hauptstadt an seinem unversöhnlichen Gegenüber, dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Vor laufenden Kameras lieferten sich die beiden einen heftigen verbalen Schlagabtausch.

Ende der Beitrittsgespräche würde Türkei nicht schrecken

Cavusoglu konfrontierte Steinmeier mit Vorwürfen: Deutschland beherberge Tausende Mitglieder der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und sperre sich gegen die Auslieferung von Anhängern der Gülen-Bewegung an die Türkei. Der üblicherweise sehr beherrschte deutsche Chefdiplomat wirkte zunehmend verärgert, als die Attacken bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auf ihn niederprasselten. Steinmeier mahnte die Türkei angesichts der Massenverhaftungen nach dem Putschversuch seinerseits zur Mäßigung.

Der Bundesaußenminister sprach nach dem Treffen vom „Austausch unterschiedlicher Positionen“ und einem „nicht ganz einfachen Gespräch“. Zieht man die diplomatische Höflichkeit ab, bedeutet das: Ich habe Kritik vorgebracht, sie ist aber nicht gehört worden. Die Beziehungen sind schlecht, das Klima ist sehr frostig.

Wie strapaziert die Beziehungen sind, war am Dienstag nach dem Gespräch auch an den Gesichtern der beiden abzulesen: Cavusoglu blickte grimmig drein, und Steinmeiers Miene verriet Missstimmung. Obwohl Cavusoglu in der Pressekonferenz auch das Interesse seines Landes an „guten Beziehungen zu Deutschland“ unterstrich und Steinmeier den Wunsch äußerte, „offen und ehrlich miteinander zu sprechen“, ändert das nichts daran: Das Verhältnis beider Länder ist auf einem Tiefpunkt.

Auch beim anschließenden Gespräch mit Präsident Recep Tayyip Erdogan blieb es frostig. Der Außenminister ließ es sich nicht nehmen, die türkischen Terrorismus-Vorwürfe öffentlich zurückzuweisen: Erdogans Anschuldigung, Deutschland sei ein sicherer Hafen für Terroristen, könne er nicht nachvollziehen. Dass der Außenminister aber nicht nur von Premierminister Binali Yildirim empfangen wurde, sondern es auch zum Gespräch mit Erdogan kam, scheint zu zeigen, dass die Türkei ganz offensichtlich mit Deutschland im Gespräch bleiben will.

Vor seinem Treffen mit Cavusoglu hatte Steinmeier ein Gespräch mit Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft geführt und traf zwei Abgeordnete der pro-kurdischen Partei HDP, deren Vorsitzende in Haft sitzen. Steinmeier warb in Ankara um Verständnis: Man möge bitte die Kritik an Massenverhaftungen und Einschränkungen der Meinungsfreiheit „nicht als Anmaßung, nicht als Belehrung von oben herab“ verstehen, sondern als echte Sorge.

Beim Thema Todesstrafe bleibt Ankara auf Konfrontationskurs. „Das Volk will die Todesstrafe und meine Frau auch“, sagt Cavusoglu im Beisein Steinmeiers. Es sei völlig normal, dass die Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch die Rückkehr zur Todesstrafe plane. Dass dies zum Abbruch der EU-Beitrittsgespräche führen könnte, schreckt die türkische Regierung offensichtlich nicht. Über die Todesstrafe entscheide „nicht der Westen, sondern das türkische Volk“, erklärte Präsident Erdogan.