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Ein Kind, das niemand wollte – von Jürgen Polzin

Ein Kind, das niemand wollte – von Jürgen Polzin

Niemand wollte E 10. Ausgenommen vielleicht der Finanzminister, der sich über die geschätzten Steuermehreinnahmen von 600 bis 700 Millionen Euro gefreut hätte. Die Geschichte vom Biosprit ist voller Missverständnisse, Un- und Halbwahrheiten. Das gut gemeinte, zum Scheitern verurteilte Unterfangen, mehr Bio in den Tank zu packen, endet nun im peinlichen Finale gegenseitiger Schuldzuweisungen: Wer hat’s verzapft?

Es war die Automobilindustrie, die Klimaschutzverpflichtungen auf die Mineralölindustrie abwälzen wollte. Seit Jahren hatten die Hersteller versprochen, sparsamere Motoren zu entwickeln. Die geforderten CO2-Ziele erreichten ihre Flotten aber immer noch nicht. Zum Schluss half die Politik, indem sie Biosprit zwangsverordnete. Die fehlenden Gramm sollten die Benzinanbieter beisteuern. Und wie mehr Bio in den Tank kommen sollte, wollten die Mineralölkonzerne selber bestimmen. Geboren wurde eine Schnapsidee.

Weil niemand E 10 wirklich wollte, wird nun die Einführung mit allen Mitteln der Kunst boykottiert. Der Autofahrer wurde wissentlich unwissend gelassen. Für Rußfilter oder Spritspar-Technologien startete die Automobilindustrie in Zeitungen oder im Fernsehen millionenteure Werbekampagnen. Für Biosprit sollten ein paar Infobroschüren reichen. Stattdessen kleben an Biosprit-Zapfsäulen der Tankstellen Warnschilder: Achtung, Motorschäden möglich! Auch der ADAC war tief besorgt über das drohende Garaus für Millionen von Benzinschläuchen: einmal Tanken und schon Pech gehabt!

Nicht nur Angst um sein Auto hat der Verbraucher. Auch moralische Bedenken quälen ihn. Biosprit führt zur Verknappung und Verteuerung von Lebensmitteln. Ethanol wird aus Getreide, Zuckerrohr und Zuckerrüben hergestellt. Sie gehören auf den Teller, nicht in den Tank. Auch aus Sicht des Klimaschutzes ist Biosprit Unsinn, sagen Umweltverbände und Berater der Bundesregierung. Die riesigen Landflächen, die für die Produktion von Biosprit benötigt werden, lassen die Klimabilanz platzen. In Deutschland versteht man das alles nicht. Doch auf den Inseln Indonesiens erleben die Menschen, wie die Wälder für Palmölplantagen gerodet werden.

Fazit:

Öl ist zu schade, um es zu verbrennen. Und wer Klimaschutz wirklich will, muss sparsamere Autos bauen. Die Biosprit-Strategie ist gescheitert.