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Bundesrat billigt Gesetz zum Warnschussarrest für Jugendliche

Bundesrat billigt Gesetz zum Warnschussarrest

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Foto: WAZ
Gegen jugendliche Straftäter kann neben einer Bewährungsstrafe künftig auch ein „Warnschussarrest“ verhängt werden. Der Bundesrat billigte am Freitag das Gesetz, das einen bis zu vier Wochen dauernden Arrest vorsieht. Die Justizbehörden in NRW bereiten sich auf den Vollzug des Gesetzes vor.

Essen. 

Kriminelle Jugendliche sollen künftig mit einem „Warnschussarrest“ von weiteren Straftaten abgeschreckt werden. Der Bundesrat billigte am Freitag ein Gesetz, das den Richtern die Möglichkeit gibt, neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe zusätzlich bis zu vier Wochen Jugendarrest zu verhängen. Das Gesetz hat aber eine Vorlaufzeit. Der Warnschussarrest kann somit erst sechs Monate nach Verkündung des Gesetzes verhängt werden. Rot-grün regierte Bundesländer wollten im letzten Moment versuchen, das Gesetz zu stoppen.

Die nordrhein-westfälischen Justizbehörden bereiten sich auf den Vollzug des Gesetzes vor. 262 Plätze in den Jugendarrestanstalten Bottrop, Düsseldorf, Essen, Lünen, Remscheid und Wetter sind vorgesehen.

NRW-Regierung fürchtet schädlichen Einfluss im Jugendarrest

Der Bundestag hatte die Neuregelung vor drei Wochen beschlossen – eine Reaktion auf mehrere „Bahnsteigüberfälle“, die mit Überwachungsvideos aufgezeichnet wurden. Beim Warnschussarrest können junge Leute bis zum Alter von 21 Jahren, die zu einer haftfreien Bewährungsstrafe verurteilt sind, durch richterlichen Beschluss in einen Kurzzeit-Aufenthalt von bis zu vier Wochen in eine Arrestanstalt eingewiesen werden. Auf sie, so der Gesetzestext der schwarz-gelben Bundesregierung, soll dort „erzieherisch eingewirkt“ und ihnen soll „die Verantwortlichkeit für das begangene Unrecht und die Folgen weiterer Straftaten verdeutlicht werden“. Auch sollen sie für begrenzte Zeit einem Umfeld mit „schädlichen Einflüssen“ entzogen werden.

Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen glaubt dagegen, dass es zum exakten Gegenteil kommt – und der schädliche Einfluss hinter Anstaltsmauern anders als von der Bundesregierung erwartet zunehmen wird. „Die Rückfallquote nach einem Arrest liegt heute schon bei 70 Prozent“, rügt das NRW- Justizministerium „die reine Symbolpolitik“. „Ein Warnschussarrest bedeutet im schlimmsten Fall einen neuen Schub für kriminelle Karrieren“, sagt Justiz-Sprecher Detlef Feige. Besser sei es, instabilen jungen Leute „eine soziale Zukunftsperspektive“ aufzuzeigen.

Nach dem Arrest die gleichen Einflüsse auf Straftäter wie vorher

Ähnlich wurden die Vorbehalte in den Ausschussvorlagen für die heutige Bundesratssitzung deutlich: „Nach der vierwöchigen Arrestverbüßung muss der Jugendliche in sein gewohntes Umfeld zurückkehren und ist erneut den gleichen Einflüssen ausgesetzt. Seine eigene Kriminalitätserfahrung hat sich dann durch neue Kontakte in der Jugendarrestanstalt erhöht, in der er unter Umständen sogar Anerkennung und Bestätigung für sein kriminelles Handeln gefunden hat“. Während der Arrestzeit könne im Übrigen „eine sinnvolle Betreuung durch den Bewährungshelfer nicht erfolgen“.

Jedes Jahr werden in NRW rund 10.000 Minderjährige und junge Erwachsene nach dem Jugendstrafrecht zur Bewährung verurteilt. Wie oft die Gerichte an Rhein und Ruhr die neuen Paragraphen tatsächlich nutzen würden, wenn das Gesetz nicht gestoppt wird, ist offen.

Jugendkriminalität sinkt seit 1993

Der Deutsche Richterbund sieht keine Dringlichkeit, weil viele der zur Bewährung Verurteilten bereits vorher eine Arreststrafe abgesessen hätten, die Anzahl schwerer Gewaltdelikte von Jugendlichen seit mehreren Jahren zurück gehe und bundesweit eine Überfüllung der Arrestanstalten drohe. Auch der Chef des Kriminologischen Forschungsinstituts Hannover, Professor Christian Pfeiffer, weist darauf hin, dass das Ausmaß der Jugendkriminalität seit 1993 gesunken sei – von 6,8 auf 5,9 Millionen Straftaten.

Gleichzeitig mit dem Warnschussarrest hatte der Bundestag die Anhebung der Höchststrafe für Jugendliche von zehn auf fünfzehn Jahren Haft beschlossen. Sie gilt für schwerste Delikte wie Mord. (mit dapd)