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Warum Heidi an stillen Feiertagen nicht im Kino laufen darf

Warum Heidi an stillen Feiertagen nicht im Kino laufen darf

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Foto: dpa
An stillen Feiertagen wie Karfreitag dürfen zahlreiche Filme nicht öffentlich aufgeführt werden. Einige Entscheidungen sind kaum nachvollziehbar.

Essen. 

Zahlreiche Kinofilme dürfen an stillen Feiertagen wie Karfreitag nicht im Kino aufgeführt werden. Die Piratenpartei hat eine Liste von Filmen veröffentlicht, die an sogenannten stillen Feiertagen nicht öffentlich aufgeführt werden dürfen. Die Liste umfasst alle Filme, die zwischen 1980 und 2015 mit dem Verbot belegt wurden. In NRW gelten Karfreitag, Allerheiligen, Totensonntag und der Volkstrauertag als stille Feiertage. Die Liste hat die, für die Freigabe von Filmen zuständige, Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) den Piraten auf Anfrage zur Verfügung gestellt.

Doch nicht nur Horrorfilme wie „Nachts, wenn die Leichen schreien“ oder der Exploitation-Film „Der Todesschrei der Kannibalen“ fallen unter das Verbot, sondern auch harmlose Komödien wie „Piratensender Powerplay“ mit Thomas Gottschalk und „Didi – Der Doppelgänger“ mit Dieter Hallervorden. Sogar Kinderfilme („Nick Knatterton’s Abenteuer“ oder „Heidi in den Bergen“) tauchen in der Liste auf.

FSK-Verbotsliste gilt nicht für das Fernsehen

„Dass Kinderfilme, Klassiker, Satire und Kritik im Jahr 2015 auf einem Feiertagsindex stehen, verschlägt mir den Atem“, sagt der Landtagsabgeordnete Patrick Breyer von der Piratenpartei Schleswig-Holstein. Er fordert ein Ende des Feiertags-Verbots: „Die Feiertagszensur von Filmvorführungen ist im Zeitalter von Video und Internet völlig wirklichkeitsfremd und gehört dringend abgeschafft. Solange die Feiertagsruhe nicht öffentlich wahrnehmbar gestört wird, haben Staat und Kirche kein Recht, uns bei der Gestaltung arbeitsfreier Sonn- und Feiertage durch Filmvorführungs-, Tanz- oder Veranstaltungsverbote zu bevormunden.“

„Von diesem Verbot sind nur öffentliche Aufführungen betroffen. Und da reden wir fast ausschließlich von Vorstellungen im Kino“, erklärt FSK-Sprecher Stefan Linz die Auswirkungen des Verbots. Bei Streaming-Diensten wie Netflix und auch im Fernsehen dürften die Filme trotzdem gezeigt werden. Zudem hätten die Filmproduzenten die Möglichkeit, nach zehn Jahren einen Antrag zur erneuten Prüfung zu stellen: „Das kommt aber so gut wie nie vor. Schließlich hat kaum ein Kinobetreiber Interesse daran, einen mehrere Jahre alten Film zu zeigen“, so Linz.

Auch die Feuerzangenbowle landete auf dem Feiertags-Index

Ohnehin würde die FSK nur noch selten Filme mit einem Verbot für stille Feiertage belegen: „Zwischen 2000 und 2015 waren nur ein Prozent der geprüften Filme betroffen.“ Zum Vergleich: Während der 50er-Jahre wurden laut FSK noch mehr als 60 Prozent aller geprüften Filme mit einem Verbot belegt. Manche Begründungen aus dieser Zeit muten mittlerweile reichlich seltsam an. So erklärte die FSK das Verbot der Heinz-Rühmann-Komödie „Die Feuerzangenbowle“ 1954 mit dem „lustspielhaften Charakter“ des Films. Und der „Vier Fäuste gegen Rio“ mit Bud Spencer und Terence Hill wurde noch 1984 wegen „zwei turbulenter Prügel-Szenen“ mit einem Feiertagsverbot belegt.

Dass so viele Filme auf dem Feiertags-Index stehen, liegt allerdings auch daran, dass die FSK Filme nur auf Antrag erneut prüft. Viele der 756 Filme, die zwischen 1980 und 2015 mit einem Feiertagsverbot belegt wurde, hätten mittlerweile sicher gute Chancen auf eine Freigabe.

Weiterhin zweifelthafte Entscheidungen

Trotzdem sind auch einige der aktuellen Feiertagsverbote kaum nachzuvollziehen. 2015 etwa landete die zotige Komödie „Vacation – Wir sind die Griswolds“ auf dem Index, 2006 die Trash-Komödie „Bierfest“. Während der vergangenen 35 Jahre gab es außerdem kein einziges Jahr ohne neues Feiertagsverbot.

Patrick Breyer von der Piratenpartei kritisiert deshalb auch die Freigabepraxis der FSK: „Teilweise entscheidet die FSK sogar ohne jede Prüfung.“ Dem widerspricht FSK-Sprecher Linz. Jeder Film würde von fünf Juroren geprüft werden, zwei von ihnen seien für die Feiertags-Freigabe zuständig. Nur, wenn einer gegen eine Feiertagsfreigabe sei, werde der Film verboten.

Zahl der Verbote zwischen 1980 und 2015

Zeitraum Zahl der Verbote
1980 bis 1984

348

1985 bis 1989

181

1990 bis 1994

104

1995 bis 1999

54

2000 bis 2004

29

2005 bis 2009

19

2010 bis 2015

21

Die seltsamsten Feiertagsverbote zwischen 1980 und 2015 

Harald Juhnke – Schrecken der Kompanie (1980 geprüft)

Die Verwechslungskomödie mit Harald Juhnke kam 1958 in die Kinos. Darin spielt Juhnke den Friseur Piefke, der mit Erbprinz Johann August Friedrich von Krakelsburg-Kummerstein verwechselt wird. Die Cinema urteilte: „Die Witze sind schon armselig. Fazit: War schon in den 50ern nicht lustig.“ Warum der Film an Feiertagen nicht gezeigt werden darf, ist aber kaum verständlich.

Louis in geheimer Mission (1980 geprüft)

Die zotige Komödie um eine Gruppe pensionierter Gendarmen ist nicht der einzige Film mit Louis de Funés, der auf dem Feiertagsindex gelandet ist. Mit „Louis, der Schürzenjäger“, „Louis, der Spagettikoch“, „Louis, der Traumtänzer“, „Balduin, das Nachtgespenst“ und „Onkel Joe, die große Pflaume“ traf es zahlreiche weitere de-Funés-Filme.

Ich glaub, mich knutscht ein Elch (1981 geprüft)

John Winger (Bill Murray) und Russell Ziskey (Harald Ramis) treten in die US-Army ein und sorgen dort mit ihrem frechen Verhalten für Aufsehen. Eine vergnügliche, aber ziemlich harmlose Komödie – die in Deutschland an Feiertagen nicht öffentlich aufgeführt werden darf.

Vier Fäuste gegen Rio (1984 geprüft)

Trotz der comichaften Prügeleien unterliegt der Verwechslungs-Film mit Bud Spencer und Terence Hill dem Feiertags-Verbot. Außerdem traf es auch „Vier Fäuste für ein Halleluja“ und „Banana Joe“. Das hielt aber kein Kind davon ab, die Bud-Spencer-Kopfnuß zu üben.

Didi – Der Doppelgänger (1984 geprüft)

Verwechslungskomödien scheinen die Feiertagsruhe zu stören. In „Didi – Der Doppelgänger“ will der fiese Bauunternehmer Hans Immer (sieht aus wie Dieter Hallervorden) die Kneipe von Bruno Koob (sieht auch aus wie Dieter Hallervorden) abreißen.

Vom Feiertagsverbot ist übrigens auch „Didi – Alles im Eimer“ und „Didi und die Rache der Enterbten“ betroffen.

Mary Poppins (1995 geprüft)

Für viele gehört der Disney-Klassiker von 1964 wohl zu den harmlosesten Streifen der Filmgeschichte. Dem deutschen Kinopublikum kann man „Mary Poppins“ an stillen Feiertagen aber offenbar nicht zumuten. 1995 erging das Verbot.

Heidi in den Bergen (2001 geprüft)

Die deutsche Ikone Heidi als Trickfilm im japanischen Anime-Stil? Das war offenbar auch 2001 noch zu viel.

Bierfest (2006 geprüft)

Der Film über eine Gruppe Amerikaner, die ein deutsches Team bei einem Trinkwettbewerb schlagen will, liefert zwar ausschließlich eintönigen und zotigen Brachialhumor – aber die ebenso zotigen „American Pie“-Filme dürften an stillen Feiertagen gezeigt werden.