Die Erdbeerernte läuft bald auf Hochtouren. Wir geben Tipps, was Verbraucher bei der Qualität, Frische und Lagerung beachten sollten.
Mülheim.
„Erdbeeren!“ Lautstark erinnert Mila, zweieinhalb, Mama Katja daran, warum sie hier sind. Sekunden später hockt das Mädchen mit den blonden Zöpfen kauend zwischen weißblühenden Erdbeerpflanzen. Das ist ein Mittagessen nach ihrem Geschmack.
Ja, die Erdbeeren sind wieder da. Endlich, mit ein wenig Kälteverzögerung, wachsen sie auch auf deutschen Feldern unter freiem Himmel. Wie hier in Mülheim-Dümpten, wo Christiane in der Beeck-Bolten mit ihrem Mann die saftigen Früchtchen heranzieht. Ihre Sorten: die mittelfrühe „Darselect“ und die etwas dunklere, spätere „Sonata“.
Strategien gegen Schädlinge
Bei der Auswahl habe jeder Landwirt seine ganz eigene Philosophie, sagt Christiane in der Beeck-Bolten. Auf ihrem Hof gehört zu dieser Philosophie auch: keine Pestizide. Denn gegen gierige Käfer und andere Schädlinge helfen auch ganz natürliche Tricks: Auf dem Feld wechseln sich die Erdbeerpflanzen mit Tagetes ab. Die Wurzeln dieser orange-gelb blühenden Blume stehen auf dem Speiseplan von Fadenwürmern, doch der Genuss macht die männlichen Exemplare unfruchtbar. Schlecht für die Würmer – gut für die Erdbeeren. Und den Käfern, die gern die eiweißreichen Nüsschen, die kleinen Punkte auf den Erdbeeren, anknabbern, setzt man einfach eine noch eiweißhaltigere Speise vor: Soja. Auch die Hagelschutznetze sind weniger dem Hagel, als dem Fressfeind Nummer eins, den Tauben, geschuldet, sagt Andreas Bolten. „Die picken eine Erdbeere an, laufen weiter, haben das nach drei Schritten vergessen – und nehmen sich die nächste Beere vor.“
Vielleicht probieren sie aber auch nur systematisch – denn das ist die einzige Möglichkeit, um festzustellen, ob die Früchte aromatisch sind. „Vom Duft lässt sich das nicht ableiten“, sagt Christiane in der Beeck-Bolten. Leider auch nicht davon, ob die Beeren, oder botanisch korrekt gesagt die „Sammelnussfrüchte“, besonders groß sind. Oder besonders rot. Denn es gibt sowohl helle als auch dunkle Sorten. Und die Größe kann nicht nur je nach Sorte sondern auch mit dem Alter der Pflanze variieren. Für die saftige Süße ist neben Sorte und Erdreich, Bewässerung und Sonnenschein auch die Temperatur verantwortlich. Ideal seien warme Tage und kalte Nächte, sagt Christiane in der Beeck-Bolten. Denn: „An schönen Tagen wird Zucker in der Frucht eingelagert und wenn die Nacht kalt ist, braucht sie den Zucker nicht zur Selbstverpflegung.“
Pestizide – deutsche Vorgaben sind besonders streng
Ob klein, groß, dunkel- oder hellrot – reif muss die Erdbeere sein, und am besten tagesfrisch. Sie reift zwar nicht nach, reagiert auf zu viel Anfassen und Umfüllen aber mit unschönen Druckstellen. Doch ihre Frische lässt sich gerade bei Supermarktware oft nicht erkennen. Auch nicht, ob die Frucht jemals echte Sonne und echten Regen gesehen hat oder im „geschützten Anbau“ gereift ist. Und was die Pestizide angeht – zwar sind die deutschen Vorgaben besonders streng, trotzdem sei selbst Bioware nicht automatisch pestizidfrei, sagt Andreas Bolten. „Bestimmte Mittel dürfen im Bio-Landbau verwendet werden.“
Auch die Sorte steht nicht auf dem Etikett der Supermarktbeeren, aber immerhin das Herkunftsland. Außerhalb der Saison, die etwa von Mai bis Juli dauert, sind es meist spanische Erdbeeren, die im Einzelhandel verkauft werden. Und das, obwohl man theoretisch von März bis Dezember deutsche Erdbeeren bekommen könnte, wenn auch nicht vom Freiland, sagt Andreas Bolten. Der Großteil werde jedoch nach England verkauft, wo „der Markt ein ganz anderer ist“, will heißen: wo sich mehr Geld verdienen lässt.
Nicht reißen und schmeißen, sondern pflücken und legen
Der Dümptener Hof liefert weder an Supermärkte noch ins Ausland, zu gering sei der Ertrag, zu hoch die Mengenanforderung des Handels. Stattdessen zieht der Verkaufsstand neben dem Feld die Erdbeerhungrigen an. Zwischen fünf und sechs Euro kostet das Kilo in der Regel bei Direktvermarktern, etwas günstiger wird es, wenn man selbst pflückt. Dabei gilt vor allem: „nicht reißen und schmeißen, sondern pflücken und legen“, sagt Christiane in der Beeck-Bolten.
Und wenn die Beute dann nach Hause geschleppt wurde? „Am gleichen Tag noch verzehren“, empfehlen die Erdbeer-Experten. Und nicht den Fehler machen, zuerst das Grün zu entfernen und die Früchte dann zu waschen. So saugen sie nämlich Wasser auf, Stichwort „Osmose“. Die Blättchen sollten so lange wie möglich an der Beere bleiben, auch bei der Lagerung im Kühlschrank, denn ist die Frucht „verletzt“, nimmt sie schneller Aromen anderer Lebensmittel an und ist weniger haltbar. Einfrieren lassen sich Erdbeeren übrigens auch, aber der Gefrierprozess zerstört die Zellen – die Frucht wird beim Auftauen schnell matschig. Trotzdem eine gute Möglichkeit, um sich auch im Winter frische Erdbeermarmelade auf den Frühstückstisch zu holen. Aber jetzt ist erstmal Sommer.