Nach dem Amoklauf eines 17-Jährigen an einem Gymnasium in Wuppertal am Donnerstag (22. Februar) bleibt für viele Menschen nur eine Frage: Warum? Warum entschließt sich ein Jugendlicher – scheinbar von einem auf den anderen Moment – dazu, seine Mitschüler mit einem Messer anzugreifen, sie schwer zu verletzen (hier mehr dazu)? Und warum sah das Drama niemand kommen?
Für Kinder- und Jugendpsychotherapeut Christian Lüdke ist der Amoklauf in Wuppertal ein Beispiel für die zunehmende Gewalttätigkeit unter gleichaltrigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Anzahl der Gewaltdelikte in der Altersgruppe bleiben zwar auf gleichem Niveau, doch die Brutalität und der Einsatz von gefährlichen Mitteln wie Messern nehme zu, so der Kölner Psychotherapeut. Ein früher Warnhinweis, dass ein Jugendlicher abdrifte, kann seiner Meinung nach vor allem der Blick aufs Elternhaus sein.
Amoklauf in Wuppertal: Diese Anzeichen werden oft ignoriert
Der Amoklauf in Wuppertal zieht auch am Freitag (23. Februar) noch seine Kreise an der betroffenen Schule, dem Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium (hier mehr dazu), aber auch in der Gesellschaft, die sich fragt, wie es zu der Tat kommen konnte – und ob es keine Anzeichen dafür gab, dass der 17-Jährige gefährlich werden könnte.
Laut Kinder- und Jugendpsychotherapeut Christian Lüdke gebe es sehr wohl frühe Indizien, die darauf hinweisen, dass ein Schüler den falschen Weg einschlage. „Zunächst, dass Kinder entweder sehr ruhig sind, verstummen, wenig soziale Kontakte haben oder relativ früh schon sehr aggressiv sind, teilweise dann Gewalt verherrlichen“, erklärt der Therapeut, der auch als Kriminalpsychologe tätig ist. Auf die entsprechenden Anzeichen werde nur häufig nicht reagiert.
Amoklauf in Wuppertal: Elternhaus kann Risikofaktor sein
Auch das Elternhaus kann ein Risikofaktor sein, so Lüdke weiter. „Häufig haben solche Jugendliche Eltern, die selbst Gewalt tolerieren oder selber sehr aggressiv sind“, in der Familie selbst gebe es oft keine starke emotionale Bindung. In der Folge können die Kinder zum Beispiel nur schwer Mitgefühl für andere entwickeln. „Von daher verfallen sie dann in eine Art gefühlsmäßige Vollnarkose“, so der Experte.
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Die Kinder und Jugendlichen fühlen sich dadurch ohnmächtig, durch die Ausübung von Gewalt verwandelt sich dieses Gefühl „in ein kurzzeitiges Erleben von Allmacht“, erklärt der Psychotherapeut den Hintergrund. „Im schlimmsten Fall nach dem Motto: Ich bin Herr über Leben und Tod.“ (mit dpa)