Veröffentlicht inVermischtes

Deutsche Bahn: ICE hängt auf Brücke fest – Reisender schildert Horror-Erlebnisse

Was für ein Albtraum mit der Deutschen Bahn! Hunderte Reisende saßen am Sonntag über mehrere Stunden fest, berichten von zahlreichen Pannen.

Deutsche Bahn
© IMAGO/Action Pictures

Deutsche Bahn: Die Geschichte des deutschen Eisenbahnkonzerns

Es steht ein Zug im Nirgendwo…

Dass die Reisen mit der Deutschen Bahn nicht immer reibungslos ablaufen, dürfte den meisten Passagieren bekannt sein. Doch was Fahrgäste am Sonntag (25. Juni) im ICE79 auf dem Weg von Berlin über Leipzig nach Zürich erleben mussten, geht weit über die typischen Ärgernisse über die Deutsche Bahn hinaus. Wegen eines technischen Defekts kamen einige Reisende erst nach 12 Stunden an ihrem Ziel an – und auch während der Wartezeit reihte sich Panne an Panne.

Deutsche Bahn: ICE hängt auf Brücke fest – nichts geht mehr

Rund 800 Reisende befanden sich am Sonntagnachmittag in dem Zug der Deutschen Bahn, als das Unheil seinen Lauf nahm. Mitten auf der Saale-Elster-Talbrücke machte der ICE wegen eines technischen Defekts plötzlich Halt, als es um 15.30 Uhr zur Hiobsbotschaft kam.

Passagier Olaf S. berichtet gegenüber dieser Redaktion von dem Moment, als den Gästen mitgeteilt wurde, dass eine Weiterfahrt ausgeschlossen sei. „Stromabnehmer verloren, wir müssen evakuieren. Ein Evakuierungszug kommt“, lauteten demnach die ersten Infos über die Lautsprecher des ICE. „Aber was das bedeutet, hat niemand erklärt“, so der Rechtsanwalt. Der Strom war weg, damit auch die Klimaanlage – die Türen des aus 14 Waggons bestehenden Zuges durften zunächst nicht geöffnet werden.

Als sich die Türen schließlich öffneten, gingen sie kurz danach auch schon wieder zu. Soldaten, die zufällig im Zug saßen, sicherten diese dann, damit kein Fahrgast ausstieg und sich verletzte. Besonders belastend war für viele Reisende wohl das Kommunikationsmanagement der Deutschen Bahn, wonach „nie gesagt wurde, was ist“, so Olaf S. „Wir haben immer nur scheibchenweise Informationen bekommen.“

Deutsche Bahn: Kein Konzept für Krisen?

Zudem haben die Fahrgäste Verpflegung weiterhin selbst zahlen müssen, obwohl sie drei Stunden auf den Evakuierungszug in dem vollen ICE warten mussten. Auf Nachfragen reagierten die Bahn-Mitarbeiter teilweise pampig, berichtet Olaf S. gegenüber dieser Redaktion. „Ich kann verstehen, dass es für die Mitarbeiter auch fordernd war, aber gefühlt haben sie keine Schulung für solche Krisensituationen“, so der Eindruck des Rechtsanwaltes.

Dies zeigte sich auch wieder, als der erste Evakuierungszug nach drei Stunden eintraf – per Klappleiter am Speisewagen sollten die Fahrgäste von dem kaputten ICE in den anderen Zug umsteigen. Allerdings fand dabei keine Priorisierung nach Standards wie Lebensalter oder gesundheitlicher Verfassung statt, da einfach bei Wagen 1 begonnen wurde. „Alte Menschen oder Frauen mit Kindern mussten, je nachdem wo sie sind, warten.“

Deutsche Bahn: Erst nach mehreren Stunden wurde der ICE evakuiert.
Deutsche Bahn: Erst nach mehreren Stunden wurde der ICE evakuiert. Foto: Olaf S.

Schließlich wurde die Evakuierung abgebrochen, da der Ersatzzug voll war. Für viele Passagiere, darunter Olaf S., ging das Warten also weiter. Immerhin: „Wir wurden mit Wasser versorgt.“ Informationen seitens der Deutschen Bahn blieben Mangelware, „irgendwer bekam über die Bahn-App mit, welcher der Ersatzzug sein wird“, es gab keine Durchsage im Zug, wie der Passagier aus Berlin berichtet.


Mehr Themen:


Der zweite Evakuierungszug brachte die restlichen ICE-Gäste dann schließlich nach Erfurt, wo offenbar auch Chaos herrschte. Viele Reisende wussten nicht, welche Züge sie für ihre Weiterfahrt nehmen können, da Bahnsteige sowie Bahn-Verbindungen gnadenlos überfüllt waren.

Deutsche Bahn nimmt Stellung

Gegenüber dieser Redaktion gibt die Deutsche Bahn Einblick in ihr Krisenmanagement. So bestehen seitens des Unternehmens umfassende Richtlinien und Handlungsanweisungen für das Personal, die Evakuierungen genau regeln – diese Prozesse sind auch Teil der Schulung für das Personal. „Bei liegengebliebenen Zügen wird standardmäßig erfasst, ob sich Reisende mit besonderen Schutzbedürfnissen im Zug befinden. Grundsätzlich gilt: Den Bedürfnissen besonders schutzbedürftiger Menschen wird priorisiert Rechnung getragen“, erklärt eine Sprecherin. Die Evakuierung am Sonntag „mit etwa 800 Reisenden bei den hohen Außentemperatuten war für alle Beteiligten eine große Herausforderung“, gibt die Sprecherin weiter an. Man werte jeden Evakuierungsvorgang aus und entschuldige sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten.

Die lückenhafte Kommunikation begründet das Unternehmen mit der Situation vor Ort, die „durch die Transportleitung, den Notfallmanager und den Mitarbeitenden im Zug ständig neu bewertet“ werde und damit das weitere Vorgehen bestimmt. „Beispielsweise hatte der Triebfahrzeugführer versucht, die Stromversorgung wieder herzustellen, was ihm auch nach zwei Stunden gelungen ist. Das war für das weitere Vorgehen eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Das konnte man aber zu Beginn nicht absehen“, so die Deutsche Bahn-Sprecherin gegenüber dieser Redaktion.

In jedem Fall war die Fahrt mit dem ICE79 wohl nicht nur für Olaf S. die chaotischste, sondern auch längste Reise mit der Deutschen Bahn – er war am Ende satte 12 Stunden statt der geplanten vier unterwegs. Immerhin bietet das Unternehmen für diesen Fall eine Kulanzregelung an, die unabhängig der geltenden Fahrgastrechte gilt. Betroffene Kunden sollen sich dafür an den Kundenservice wenden, gibt die Deutsche Bahn-Sprecherin an.