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Kindergrundsicherung: FDP übt weitere Kritik bei Kindergeld-Nachfolge  – „Unterste Schublade“

Die Kindergrundsicherung ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben, ein Eckpunktepapier der Familienministerin liegt vor. Doch der Streit hört nicht auf.

Die Kindergrundsicherung ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die FDP steht dem Konzept kritisch gegenüber.
© IMAGO / Christian Ohde

Bürgergeld, Aktienrente und Kindergrundsicherung: Diese Reformen kommen

Wir stellen einige der geplanten Sozial-Reformen der Ampelkoalition vor.

Bei der Kindergrundsicherung sollen Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit gebündelt werden. Die Auszahlung soll vereinfacht und digitalisiert werden.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus bezeichnet diese daher als zentrales sozialpolitisches Projekt der Bundesregierung. Die Grünen-Politikerin hat ein Konzept für die Grundsicherung vorgelegt, das für die Umsetzung rund zwölf Milliarden Euro vorsieht. Vor allem sozial- und familienpolitische Verbände stehen hinter den Plänen der Familienministerin. Doch die FDP droht mit einer Blockadehaltung.

Kindergrundsicherung: „Grüne schießen über Ziel hinaus“

Zwar bekräftigte Markus Herbrand, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dass die „Stärkung vor allem von Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen und ärmeren Bevölkerungsgruppen“ richtig sei und von der FDP unterstützt werde. Aber: Die geforderten Milliardenbeträge von Familienministerin Lisa Paus und den Grünen „schießen allerdings über das Ziel hinaus“.

„Die richtigen Ziele Armutsprävention und verbesserte Teilhabe von Kindern dürfen nicht dazu führen, dass wir uns gutgläubig ausnutzen lassen“, mahnt Herbrand in einem Gastbeitrag in der „wiwo“. Die Grünen müssten erkennen, dass noch mehr Geld für die Eltern allein in den wenigsten Fällen automatisch zu mehr Erfolg führe. „Stattdessen benötigen wir mehr Personal in Schulen und Jugendämtern, mehr digitale Lernangebote und eine Neubelebung des Aufstiegsversprechens.“

Laut dem finanzpolitischen Sprecher der FDP müssten auch Eltern mehr in die Pflicht genommen werden, um ihre Kinder durch Ausbildung und Studium zu unterstützen, „und nicht einfach mehr Geld für die minderjährigen Kinder abzukassieren“. Herbrand mahnt: „Wenn die Kindergrundsicherung als bequemes Ruhekissen bis zur Volljährigkeit missverstanden wird, ist der Weg zum anschließenden Bürgergeld-Bezug nicht weit und wir haben bis auf gestiegene Kosten nichts erreicht.“

Kindergrundsicherung: Geld für „Alkohol oder Zigaretten verwenden“

Auch steht Herbrand dem Plan alle Leistungen in der Kindergrundsicherung zu zentralisieren kritisch gegenüber: „Es ist ein naiver Glaube der Bundesfamilienministerin, dass ein automatischer Datenabgleich im föderalen Dschungel aus Dutzenden Finanz- und Sozialverwaltungen in den Ländern und unterschiedlichsten Bundesbehörden in weniger als zwei Jahren reibungslos funktioniert.“

Damit das schneller geplant und umgesetzt werden könne, sollten die Grünen laut dem finanzpolitischen Sprecher der FDP die „ideologiegetriebene Blockadehaltung bei den Verhandlungen über Planungsbeschleunigungsmöglichkeiten“ aufgeben. Die FDP schlägt deshalb vor, das „Kinderchancenportal“ zu nutzen. Dieses könnte bestehende Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket einfach online abrufbar machen.

„Und es würde im Gegensatz zu den grünen Vorschlägen deutlich erschweren, dass Eltern das zusätzliche Geld einfach für ihre eigenen Bedürfnisse wie beispielsweise Alkohol oder Zigaretten verwenden“, schlägt Herbrand Alarm.

Kindergrundsicherung: Meinung der FDP sei „bösartig“

Kritische Reaktionen auf den Gastbeitrag folgen prompt. Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, schreibt dazu auf Twitter: „Das ist bösartig und empirisch durch nichts gedeckt.“ So wollten fast alle Eltern in allen sozialen Schichten das Beste für ihre Kinder, sie hätten eben nur sehr unterschiedliche Ressourcen, es zu ermöglichen.


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Kritik kommt auch von Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Mit der Kindergrundsicherung würden wir ‚gutgläubig ausgenutzt‘. Arme Eltern würden auf einem ‚bequemen Ruhekissen‘ ‚einfach ‚mehr Geld abkassieren.‘ Die FDP macht den Merz und spielt in der wiwo die primitivsten Vorurteile gegen arme Eltern an. Unterste Schublade“, so Schneider auf Twitter.