- Die Stadt betreibt auf Radwegen eine mobile Zähl-Anlage mit Drähten
- Erste Ergebnisse zeigen: Die Radtrassen werden auch von Berufspendlern genutzt
- Zahlen könnten bei der Planung künftig eine wichtige Rolle spielen
Über Autos in Essen weiß man alles. Die aktuelle Anzahl zugelassener Kraftfahrzeuge im Stadtgebiet, Stand Dezember 2015? Es sind genau 335649, inklusive Mofas und Motorräder, Tendenz leicht sinkend.
Wo die meisten Autos fahren in Essen? Das weiß man natürlich auch, es ist die A40, täglich befahren von etwa 120 000 Fahrzeugen, und über die Ruhrallee donnern Tag für Tag im Schnitt etwa 52 000 Pkw und Lkw.
Über Fahrräder hingegen weiß man wenig – sie tauchen bislang nur in Unfall- und Diebstahlstatistiken auf, was ein eindeutiges Indiz dafür ist, dass das Rad bei Verkehrsplanungs-Angelegenheiten keine große Rolle spielt, auch wenn heute gerne das Gegenteil behauptet wird.
Auch Christian Wagener, Mobilitätsbeauftragter der Stadt Essen, räumt ein: „Über die Zahl der Radler im Stadtgebiet wussten wir faktisch bislang fast nichts.“
Das ändert sich jetzt, denn seit dem vergangenen Frühling gibt es bei der Verwaltung eine amtliche „Fahrradzählstelle“. Sie ist bereits mehreren Bürgern aufgefallen, denn sie war schon einige Monate im Einsatz: Zwei von schlichtem, schwarzem Gummi ummantelte Drähte, die fest über den Radweg gespannt werden, sie enden in einer silbernen Box, in der ein Zählcomputer steckt, plus das obligatorische Schild, das nicht wenige Radler und Passanten in der Vergangenheit neugierig gemacht hat: „Fahrradzählstelle“ steht drauf, dazu eine Telefonnummer des Planungsamtes, die man anrufen soll, wenn man Schäden an der Anlage beobachtet hat.
Die mobile Anlage, die am besten für Radwege zwischen drei und fünf Metern Breite geeignet ist, wurde angeschafft, „weil wir als Mitgliedskommune in der ,Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte’ das langsam für angebracht hielten“, berichtet Wagener. Die Zählstelle soll Aufschluss geben über das tatsächliche Fahrverhalten der Radler in Essen; die Daten werden auch korreliert – zum Beispiel mit Wetterdaten, und schon bekommt man aussagekräftige Ergebnisse, die demnächst auf der Internet-Seite der Stadtverwaltung veröffentlicht werden.
In einem ersten Testlauf war die Anlage auf der Radtrasse „Rheinische Bahn“ installiert worden, in Höhe der Helenenstraße (Altendorf), zwischen April und Mai – ermittelt wurde das überraschende Ergebnis, dass die Trasse tatsächlich viel von Berufspendlern benutzt wird.
„Die stärksten Werte wurden gegen sieben Uhr morgens und 17 Uhr am Nachmittag gemessen“, berichtet Wagener. Zwei weitere Messphasen wurden auf der gleichen Trasse, nur weiter Richtung Westen, in Schönebeck, absolviert sowie auf der Gruga-Trasse in Rellinghausen, in der Nähe der Straße Stiftsmühlenbrink.
Auf der Gruga-Trasse wurden im Juli durchschnittlich täglich 1350 Radler gemessen. Auf der Rheinischen Bahn in Schönebeck, dort war die Anlage von September bis Januar in Betrieb, erreichte man Tages-Spitzenwerte von mehr als 2000 Radfahrern – je nach Wetter. Je näher Weihnachten kam, sagt Wagener, seien die Werte dann rapide nach unten gegangen; auch Regen und Kälte hätten sich sofort erwartbar deutlich bemerkbar gemacht. Die Werte hält der Mobilitätsbeauftragte der Stadt für „gut, aber es gibt noch Luft nach oben“. Die Zahlen könnten auch eine größere Rolle spielen bei der Entwicklung des „Radschnellwegs“ von Duisburg bis Hamm; die Planer legen mehrere tausende Nutzer täglich zugrunde.
Der Radclub ADFC in Essen begrüßt die Maßnahme grundsätzlich, schlägt aber vor: „Die Anlage muss auch auf Radwegen auf Straßen eingesetzt werden, um stärker jene Radler zu erfassen, die keine Freizeitfahrer sind“, sagt ADFC-Mitglied Jörg Brinkmann.