Die Wirtschaft in Essen wird internationaler. Vor allem bei den Kleingewerbetreibenden liegt Essen im Ruhrgebiet vorn.
Essen hat im Ruhrgebiet die meisten ausländischen Kleinbetriebe. Nach den jüngsten Erhebungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) gibt es in der Stadt 3316 Kleingewerbetreibende, deren Inhaber einen ausländischen Pass besitzen. Damit liegt Essen noch vor Dortmund, Gelsenkirchen und Duisburg. „Der Anteil der ausländischen Gewerbetreibenden ist erklecklich“, sagt Heinz-Jürgen Hacks von der Essener IHK. Immerhin ist damit jeder sechste Kleinbetrieb in Essen in ausländischer Hand.
Ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2008, als die IHK Essen schon einmal gezählt hatte, waren es 2307 ausländische Kleinbetriebe in Essen gewesen. Damit sind es heute – acht Jahre später – schon über 1000 Unternehmer mehr. Nicht erfasst in der IHK-Statistik sind übrigens Firmen, deren Inhaber einen Migrationshintergrund haben. Auch Handwerksbetriebe fließen nicht ein. „Ausländische Kleingewerbetreibende leisten bereits heute einen überproportionalen und wertvollen Beitrag zum Wohlstand des Ruhrgebietes“, schlussfolgert die IHK aus ihren Zahlen.
Die meisten sind im Baugewerbe oder in der Gastronomie tätig
Vor allem Türken und Polen sind in Essen unternehmerisch tätig. Das ist wenig überraschend, wenn man sich die Rangfolge der Herkunftsländer der in Essen lebenden Ausländer ansieht. Rumänen und Bulgaren holen auf.
Die meisten ausländischen Kleinunternehmer sind Einzelhändler, im Baugewerbe oder in der Gastronomie tätig. Hakan Alkac ist somit ein typisches Beispiel. Der 31-Jährige betreibt zwei Supermärkte in Essen, unter anderem den Laden „Bak-Al“ in Altendorf, beschäftigt mittlerweile zehn Mitarbeiter, bildet aus. Bevor sich Hakan Alkac 2012 selbstständig machte, ging er bei Aldi in die Lehre. Er arbeitete zehn Jahre bei dem Discounter, bis er sich entschloss, selbst einen Handel aufzuziehen. Mit der Entscheidung ist er zufrieden, das Geschäft laufe. Anfangs kauften fast ausschließlich seine Landsleute bei ihm ein. Mittlerweile kämen aber auch immer mehr deutsche Kunden, erzählt er mit Stolz.
Botschafter für Essen
Die Gründe, warum sich Ausländer im Ruhrgebiet häufiger selbstständig machen als Deutsche, sind vielfältig, glaubt die IHK. Vieles erkläre sich mit Kulturunterschieden. In ihren Heimatländern gebe es häufig keine Versorgungsmentalität, auch das Sicherheitsstreben sei dort weniger ausgeprägt.
Der türkischstämmige Unternehmensberater Cengiz Cebeci sagt, dass die Selbstständigkeit auch eine Art Statussymbol ist, meist tief verwurzelt in der Familientradition. „Die Motivation ist da und man erhält viel Unterstützung von der Familie.“
Der 47-Jährige ist nicht nur selbst bereits seit 2005 selbstständig. Er betreut auch viele ausländische Unternehmer, die sich in Essen und Umgebung niederlassen wollen. Sie kommen nicht nur aus der Türkei, aus Dubai, dem Irak, sondern neuerdings auch aus dem Iran. Sie nutzen Cebecis Netzwerk. Er wiederum macht mit seiner Arbeit Standortmarketing für Essen, indem er über seine guten Erfahrungen berichtet, die er und seine Familie hier gesammelt haben.
Cengiz Cebeci ist ein gutes Beispiel dafür, dass türkische Unternehmer in Essen längst nicht mehr nur den Stempel des Döner-Imbissbetreibers und Reisebüro-Inhabers tragen. „Die Qualifikationen nehmen zu“, sagt er und verweist auf den Verein „Interkulturelle Unternehmer und Akademiker e.V.“, in dem er Mitglied ist. Hier träfen sich viele Anwälte, Steuerberater, Ingenieure und Mediziner.