Wenn Heiko Mathias Förster am 6. Juli zum allerletzten Mal als Generalmusikdirektor die Neue Philharmonie Westfalen dirigieren wird, dann sind seine Koffer längst gepackt. Nur einen Tag später rollt der Möbelwagen bereits gen Berlin, wo der 47-Jährige mit Familie seine Zelte aufschlagen wird – als Lebensmittelpunkt. Seinen Arbeitsschwerpunkt verlegt der Dirigent vor allem nach Tschechien.
Am Dienstag unterschrieb Förster einen Dreijahresvertrag (mit Option auf Verlängerung) als Chefdirigent bei der Janáckova Philharmonie in Ostrava, der mit rund 300 000 Einwohnern drittgrößten Metropole der Tschechei. Schon in den vergangenen Jahren war Förster in diesem Land ein gefragter Mann am Pult unterschiedlicher Klangkörper. So wird der Dirigent in der kommenden Spielzeit noch ein Orchester in Prag als Chef übernehmen und zudem regelmäßig Opernproduktionen in der Landeshauptstadt leiten.
Der gebürtige Mecklenburger, der bereits im Alter von 23 Jahren zum Chefdirigenten am Brandenburger Theater berufen wurde und danach bei den Münchner Symphonikern den Takt angab, kam im Sommer 2007 zur Neuen Philharmonie Westfalen und folgte damit auf den überaus populären Wiener Johannes Wildner. 2005 verlängerten die Orchesterträger den Vertrag von Förster, der nun im August endgültig ausläuft. Nachfolger im Amt des Generalmusikdirektors wird bekanntlich der aktuelle Chef des Musiktheaters, Rasmus Baumann.
Für die 100 Musiker der Janáckova Philharmonie ist Förster längst kein Unbekannter, bereits 1998 leitete er es erstmals, danach immer wieder. „Ein Orchester mit einem sehr homogenen Klang und einem großen zeitgenössischen Repertoire“, freut sich Förster auf die zukünftige Aufgabe in einer Region, die der des Ruhrgebiets sehr ähnlich sei: „Auch Ostrava war einmal das Herzstück für Stahl und Chemie und befindet sich im Umbruch.“ Diese Suche nach neuer Identität, die Aufbruchstimmung, die ein hohes Maß an Kreativität produziere, das ist es, was Förster besonders am Ruhrgebiet schätzt: „Einer ganzen Region eine Vision zu geben, das ist spannend.“
Mit zahlreichen Visionen und Ideen kam Förster auch nach Gelsenkirchen. Dass er weniger Oper dirigieren konnte, als gedacht, geschenkt: „Vieles hat sich erfüllt, da bin ich zufrieden. Das Orchester ist gut aufgestellt, wir erzielen ein hohes Einspielergebnis, werden oft wieder eingeladen.“ Das seien sieben spannende und kreative Jahre gewesen. Das Allerwichtigste aber sei ihm: „In diesen Jahren ist keine einzige Musikerstelle verloren gegangen. Selbst in diesen schwierigen Zeiten konnten wir die 123 Stellen erhalten.“ Seinem „alten“ Orchester wünscht er für die Zukunft vor allem, „dass die Projekte, die Aufgaben und alle Partner bestehen bleiben, damit das Orchester festen Boden unter den Füßen hat und der Platz als Landesorchester stabil erhalten bleibt“.
Am Ruhrgebiet vermissen wird der Dirigent vor allem „die Vielzahl an Möglichkeiten, auf engstem Raum konzertant zu arbeiten“. Vermissen wird er auch viele nette Menschen, die er im Revier kennengelernt hat: „Diese Verbindungen werden sicher bestehen bleiben.“
Dennoch freut er sich jetzt auch auf die Vielzahl an neuen Aufgaben. Und auf Berlin, das er 1999 verlassen hat und in das der zweifache Vater erwachsener Söhne jetzt mit seiner Frau Heike, einer Sopranistin, gerne zurückkehrt