Die Misere um den Textilhändler „Sport-Concept“ ist juristisch noch lange nicht beendet. Es geht um einen hohen zweistelligen Millionen-Schaden.
Oberhausen.
Wenn die Fälle nicht so ernst wären und sie nicht die Stadtsparkasse eine dicke zweistellige Millionensumme gekostet hätten, dann könnte man witzeln. Etwa: Das wichtige öffentlich-rechtliche Oberhausener Kreditinstitut ist in diesen Wochen eher eine Anwaltskanzlei mit angeschlossener Bank im Nebengeschäft als ein normales Geldhaus.
Denn gut ein halbes Dutzend Gerichtsverfahren muss die Sparkasse im Nachklapp zu den spektakulären Fehleinschätzungen der bewilligten Millionen-Darlehen an den Sportartikelhändler „Sport-Concept“ und eine Waltroper Stanzfirma bewältigen – da finden Fachjuristen derzeit viel Arbeit und beachtliche Honorare vor.
Die hohen Verluste von insgesamt rund 30 Millionen Euro sind schon bilanziell verkraftet und bedeuten keine große akute Schädigung der Stadtsparkassen-Geschäfte mehr. Doch die juristischen Auseinandersetzungen halten die Stadtsparkasse in Atem.
Vorwurf: Grobe Pflichtverletzung
Mal geht es darum, ob die Sparkasse zu Recht als Sicherheit hinterlegte Waren von „Sport-Concept“ wie Turnschuhe und Trikots 2011 aus einem Lager zu verwerten versuchte, mal geht es um die Rechtmäßigkeit einer Kreditkündigung, mal um die Sicherung von Ansprüchen aus möglichen Fehlverhalten von früheren Sparkassen-Vorstandsmitgliedern. Zum Jahreswechsel 2011/12 war der langjährige Vorstandschef der Stadtsparkasse, Karlheinz Merzig, fristlos entlassen worden – der Vorwurf: Grobe Pflichtverletzung.
Zumindest einen Prozess konnte das Geldinstitut bisher rechtskräftig gewinnen: Die Ehefrau eines „Sport-Concept“-Hintermannes muss nun 450.000 Euro nebst Zinsen für einen Ratenkredit zurückzahlen. Diesen hatte die Stadtsparkasse im Herbst 2011 gekündigt, als sie die Windigkeit der Geschäfte bemerkte. Dadurch musste die Ehefrau eigentlich den Kredit sofort zurückzahlen, doch sie klagte gegen die Sparkasse.
Das Geschäftsmodell der 2011 insolvent gegangenen Oberhausener Textilhandelsfirma „Sport-Concept“ sah vor, Sportwaren weltweit aufzukaufen, um diese im Wesentlichen über Lebensmitteldiscounter in Deutschland an Endverbraucher weiter zu verkaufen. Über mehrere Jahre hinweg benötigte „Sport-Concept“ zunehmend größere Kreditsummen von der Stadtsparkasse, um damit die Finanzierungslücke zwischen Aufkauf der Waren und Weiterverkauf zu überbrücken.
Die Sicherheiten für die Sparkasse waren trotz zweistelliger Millionensummen an Krediten gering. Sie bestanden vor allem in den gekauften Waren, die jedoch als Modeartikel schnell an Wert verlieren. Im Frühjahr 2011 zog die damalige Sparkassenführung die Notbremse und bewilligte keine weiteren Kredite mehr.
Sparkassenchef hat geklagt
Nun entschieden die Richter des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, dass die Kündigung rechtens war. Die Kreditvergabe an die Ehefrau im Jahr 2008 war ohnehin kurios: Die Stadtsparkasse drängte die „Sport-Concept“-Hinterleute angesichts steigender Kreditsummen dazu, selbst ins Risiko zu gehen und mehr eigenes Geld ins Unternehmen zu geben. Tatsächlich steckte die Ehefrau mehr Euros in die Sportartikelfirma – doch dieses Geld erhielt sie per Kredit ausgerechnet von der Sparkasse Oberhausen selbst. Bedient wurde der Kredit wiederum mit Hilfe von Beraterhonoraren, die „Sport-Concept“ an die als Steuerberaterin arbeitende Frau zahlte.
Entscheidender dürfte für die Sparkasse aber sein, ob das Oberlandesgericht Münster am Donnerstag, 11. Dezember 2014, urteilt, dass die fristlose Kündigung von Merzig wegen Pflichtverletzung rechtens war. Der frühere Oberhausener Sparkassenchef hat dagegen geklagt. Würde er gewinnen, müsste die Sparkasse entgangene Gehälter und Pensionen an Merzig in Millionen-Höhe zahlen.
Vor dem Bundesgerichtshof liegt derweil ein Verfahren, das die Sparkasse mal gewonnen, mal verloren hatte. Darin geht es vor allem darum, wem am Ende die Besitzrechte an Lagerwaren gehörten, die für die Darlehen an „Sport-Concept“ als Sicherheit dienten.
Geschäftsessen in Norditalien
In Italien wiederum versuchen Sportartikel-Hersteller, die damals Waren an „Sport-Concept“ verkauften und kein Geld dafür sahen, ihren Schaden zu reduzieren – sie verklagten die „Sport-Concept“-Leute genauso wie die Stadtsparkasse selbst. Ihr Vorwurf: Der frühere Sparkassenvorstand habe bei einem Geschäftsessen in Norditalien den Italienern die Geschäfte mit „Sport-Concept“ empfohlen. Auch hier soll es wieder um mehrere Millionen Euro gehen.
Unterdessen ermittelt auch noch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen zwei frühere Sparkassen-Vorstände wegen des Verdachts der Untreue im besonders schweren Fall. Bei einem Kredit an die 2011 in Insolvenz gegangene Waltroper Stanztechnik-Firma Jancer (SUJ) sollen, so der ungeklärte Vorwurf, die beiden Ex-Chefs der Sparkasse ihren eigenen Risikoausschuss, der Großkredite genau kontrollieren muss, hintergangen haben.
Für all die Risiken aus den derzeit laufenden zivilen Prozessen gegen oder mit der Sparkasse hat das Oberhausener Geldinstitut selbst nur geringe Rückstellungen in der Bilanz gebildet. Der Grund: Insgesamt glauben die Verantwortlichen, gute Karten vor den Gerichten zu haben.