Die Wartezeit bei Rot können sich Fußgänger an einer Ampel in Oberhausen-Sterkrade mit einem Computerspiel vertreiben. Das soll Unfälle vermeiden.
Oberhausen.
„Wer spielt, der läuft nicht bei Rot über die Ampel“, sagt Sandro Engel. Der Erfinder von Street-Pong hat Recht: An der Kreuzung Bahnhofstraße/Eugen-zur-Nieden-Ring warten alle Fußgänger brav auf Grün. Zwei Passanten haben die Touchbildschirme bemerkt und verkürzen sich damit die Wartezeit. Als die Fußgängerampel Grün zeigt, wird ihr Spiel automatisch beendet. Spielstand 8 zu 3. Beim Überqueren der Straße nicken sich die beiden mit einem freundlichen Lächeln kurz zu.
Die Idee zu Street-Pong hatte Sandro Engel vor zweieinhalb Jahren. Die Simulation, die er mit Amelie Künzler von der Hildesheimer Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst ins Netz stellte, wurde millionenfach angeklickt. Mit Hilfe der Firmen Langmatz und Swarco ließen sie dann aus der Simulation Realität werden. An einer Straße in Hildesheim, wo Street-Pong zuerst getestet wurde, sank die Zahl der „Rotgänger“ von 60 auf elf am Tag.
Auch eine soziale Komponente
Zwölf Geräte gibt es mittlerweile, vier davon hängen an der Kreuzung in Sterkrade. „Sie wurden uns kostenlos zur Verfügung gestellt. Es ist eine Testphase“, sagt Dezernentin Sabine Lauxen. Street-Pong hängt ausgerechnet an dieser Straßenkreuzung, weil hier viele Fußgänger in beiden Richtungen unterwegs sind. Das ist wichtig: Man kann es nur mit einem Gegenüber auf der anderen Straßenseite spielen. Bereitwillig unternimmt Lauxen einen ersten Versuch. Von gegenüber winkt ihr ein Mädchen zu. Das Spiel geht los, der Ball fliegt auf dem Bildschirm hin und her. Dann ist es auch schon wieder vorbei. So kurzweilig war die Wartezeit an einer roten Ampel noch nie.
Das Besondere, mit dem sich das Spiel vom Daddeln am Smartphone unterscheidet, ist, dass man sich mit wildfremden Menschen auf der anderen Seite misst. Damit bekommt die soziale Komponente eine größere Bedeutung als beim Spielen am Handy.
Engel und Künzel haben inzwischen eine eigene Firma gegründet – Urban Invention. Sogar Anfragen aus dem Ausland haben sie schon erhalten. Doch zunächst wollen sie Street-Pong in Deutschland etablieren. Den Preis für Umstellung eines Ampeltasters schätzen sie auf rund 1000 Euro. Ein stolzer Betrag. Wer soll ihn bezahlen, die Städte sind doch alle klamm? „Zum Beispiel Firmen, die auf dem Bildschirm für sich werben“, meinen die Entwickler. Eine andere Nutzung: Abfahrtzeiten von Bus und Bahn könnten angezeigt werden.
Eigentlich erstaunlich, dass es solange dauerte, bis jemand auf diese Idee kam. Wer wartet schon gerne an roten Ampeln?