20.000 streikende Lokführer reichen aus, um den Bahnverkehr in Deutschland zum Erliegen zu bringen. Sie fordern: mehr Geld, weniger Arbeitszeit und das Recht, auch im Namen von Zugbegleiter, Bistro-Personal und Rangierer zu verhandeln. Alle Fakten und Hintergründe zum Tarifkonflikt bei der Bahn.
Essen.
5,5 Millionen Menschen sind täglich mit der Bahn unterwegs. Mehr als 600.000 Tonnen Güter werden innerhalb von 24 Stunden bewegt. 196.000 Beschäftigte sorgen bundesweit dafür. Jetzt legen rund 20.000 Lokführer diesen Betrieb lahm – „flächendeckend“ und „befristet“, heißt es in der Kampfansage der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL).
Was befeuert diesen Konflikt?
Formal fordert die kleine Gewerkschaft GDL fünf Prozent mehr Lohn und zwei Stunden weniger Arbeitszeit. Dahinter steht, dass sie das erstmals nicht nur für die Lokführer will, sondern auch für Zugbegleiter, Bistro-Personal und Rangierer. Diese Gruppen aber waren bisher Domäne der konkurrierenden „großen“ Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. An deren Seite steht die Bahn-Führung. Beider Credo ist die „Tarifeinheit“, die größte Gewerkschaft soll den Tarif aushandeln. In insgesamt vier Gesprächsrunden seit dem 10. Juli ist jede Einigung an dieser Stelle gescheitert.
Wie reagiert die Bahn?
Das Staatsunternehmen bietet weitere Verhandlungen an, um „die Situation zu befrieden“, sagt Personalchef Ulrich Weber. Gleichzeitig läuft die Vorbereitung für „Notfallpläne“. So viel Fahrgäste wie möglich sollen ans Ziel kommen, so viel Züge wie möglich fahren. Es gibt Notfahrpläne und Busersatzverkehr. Führungskräfte und Verwaltungsmitarbeiter sollen Kunden als Info-Kräfte helfen.
Haben Fahrgäste Ansprüche?
Streik ist für Bahnkunden kein „übergesetzlicher Notstand“. Sie haben Anspruch auf Schadenersatz, können ihn bei den Servicezentren der Bahn anmelden. Wer mindestens eine Stunde zu spät am Ziel ankommt, bekommt 25 Prozent des Fahrpreises zurück. Bei zwei Stunden sind es 50 Prozent.
Verspätungen für Zeitkarteninhaber werden pauschal entschädigt. Hier sind die Vorgaben eher zu Ungunsten der Fahrgäste, weil maximal 25 Prozent des Fahrkartenwertes und das erst ab vier Euro erstattet wird. Ab einer zu erwartenden Verspätung von 20 Minuten am Zielbahnhof kann der Reisende einen anderen, auch höherwertigen Zug nutzen. Ist eine Übernachtung nötig, weil sich der Zug massiv verspätet hat, zahlt die Bahn ein Hotelzimmer. Reisende können auf eine Fahrt ganz verzichten, wenn eine Verspätung von mehr als einer Stunde droht. Dann gibt es das Geld zurück.
Was sagt der Arbeitgeber?
Streiks sind kein Ausrede für ein Zuspätkommen im Job. Schlimmstenfalls kann der Chef sogar eine Abmahnung schicken. Generell gilt: Die Vorgesetzten müssen über eine Verspätung informiert werden. Meist gehen die Betriebe dann flexibel darauf ein. Müssen Kinder wegen eines Streiks zu Hause betreut werden, gilt ebenfalls die Informationspflicht. Aber man darf zu Hause bleiben, wenn keine alternative Betreuung möglich ist.