Peter Terium wird im Sommer der Nachfolger von Jürgen Großmann auf dem Chefposten bei Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern. Der 48-jährige Niederländer verspricht: Der Konzern wird sich in die Energiewende einbringen. Ein Porträt.
Essen.
Schnell soll er sein, hat man ihm nachgesagt. Im Denken und im Sprechen. Und tatsächlich, schnell ist er. Sehr schnell, und das in einer Sprache, die dem Niederländer Peter Terium nicht in die Wiege gelegt worden ist. Sein Deutsch ist perfekt, wenn sich mal etwas einschleicht, sind es die für Manager großer Konzerne üblichen Begriffe englischer Finanzsprache. Oder auch mal putziges deutsch-holländisch wie: „Rechnen Sie mich ab an dem, was ich tue.“
Putzig freilich ist der 48-jährige Manager, der im Juli den Chefposten bei Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern von Jürgen Großmann übernimmt, gewiss nicht. Er lässt keinen Zweifel daran, dass er vom Aufsichtsrat bestellt worden ist, weil die einzuschlagende Strategie zu ihm passt, nicht umgekehrt. „Man sucht nicht eine Person aus und schaut, ob das Unternehmen dazu passt. Eine solche Personalie ist das letzte Glied in einer Kette, bei der geschaut wird, ob die Person zu den anstehenden Aufgaben passt.“ Ein Arbeiter also, ein Diener der Aktionäre, einer, der als gelernter Steuerprüfer den Umgang mit Zahlen gewohnt ist.
Ruf eines Dinosauriers
Damit ist klar: Die zuweilen als etwas barock beschriebene Repräsentanz des Unternehmens durch den Unternehmer und Milliardär Großmann gehört bald der Vergangenheit an. Auch wenn der derzeitige RWE-Vize Terium kein Blatt Papier zwischen Großmann und sich kommen lässt – „die Art und Weise, wie Jürgen den Übergang gestaltet, macht großen Spaß, und ich bin froh, einen so tollen Kollegen an der Seite zu haben“ –, ist doch klar, dass sich die Tonlage mit Blick auf Atomausstieg und Energiewende ändert. „Die Energiewende ist eine enorme Herausforderung, birgt aber auch viele unternehmerische Chancen“, sagt Terium. Im grundsätzlichen Ziel, eine Energieversorgung ohne CO2-Ausstoß hinzubekommen, sei man sich mit der Politik einig. Jedoch denke er, dass vielleicht etwas mehr Zeit benötigt werde. Großmann hatte sich mit seiner Kritik am Atomausstieg den Ruf eines Dinosauriers zugezogen.
Weil man ihm fehlende Erfahrung mit der Politik nachsagte, habe er, Terium, die letzten Wochen und Monate genutzt, um von Politikern an Rhein und Ruhr, in Berlin und Brüssel ein Meinungsbild zu bekommen. „Man erwartet, dass wir uns einbringen. Und das werden wir.“ Terium, ein Vegetarier mit Hang zu Yoga und zum Joggen, hat dabei durchaus das RWE-Image im Blick. Beim Ausbau der Biomasse zur Energieerzeugung auch in neuen Steinkohlekraftwerken setzt der Konzern allein auf Holzpellets. „Mais und Getreide zu verstromen, ist für uns kein Thema, weil beides Flächen verbraucht, die zur Nahrungsmittelproduktion genutzt werden sollten.“
„Wir sind keine Überzeugungstäter“
Was einen möglichen Neubau von Atomkraftwerken angeht, argumentiert Terium streng rational. „Wir sind keine Überzeugungstäter, sondern lassen uns von betriebswirtschaftlichen und strategischen Überlegungen leiten sowie von den Rahmenbedingungen, die die jeweiligen Regierungen setzen.“ Zu den für zwei bis drei Jahre auf Eis gelegten Plänen zum Bau eines niederländischen Akw in Borselle, bei dem RWE als Partner im Gespräch war, sagte Terium: „Es fehlen die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen und ich glaube nicht, dass die sich in zwei bis drei Jahren ändern.“ Das Risiko, ein Atomkraftwerk ans Netz zu bekommen, sei ohne Garantien enorm hoch – bei Planungskosten von 250 Millionen Euro. Betriebswirtschaftlich rechne sich der Neubau eines Akw wahrscheinlich erst jenseits eines Strompreises von gut 100 Euro je Megawattstunde. Derzeit liegt er halb so hoch.
Also kein Akw in Borselle? Auf die Frage, ob die Niederlande Strombedarf für den Neubau hätten, sagte Terium: „Die Niederlande brauchen das Kernkraftwerk nicht, aber Deutschland braucht es. Schließlich plant das Energiekonzept der Regierung mit hohem Importanteil.“ Die Annahmen der Bundesregierung gingen von einem 25 Prozent geringeren Energieverbrauch in Deutschland bis 2020 aus, der dann zu einem Drittel mit Importen zu decken sei. „Da wären die Niederländer doch schlau, wenn sie neben Frau Antjes Käse auch Energie ausführen können.“