Michael Dekker hat viele Träume. Einige waren kurzfristig zum Greifen nah. Eine Reise in die USA zu den Felsentoren im Arches-Nationalpark etwa. Aber Dekker hat sich dagegen entschieden. Später – vielleicht. Seit dieser Woche ist der 29-Jährige um 4000 Euro reicher und hat das Geld bereits verplant. Für Atelierkosten, Material, weitere Installationen. Bildhauer müssen theoretisch reiche Menschen sein. Oder eben – Förderpreisträger.
An diesem Vormittag steht Dekker, den Akademiebrief frisch in der Tasche, im Foyer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in Oberbilk. Elf Künstler zeigen ihre Arbeiten, rund 600 Meter Halle sind reserviert. Alle Mitwirkenden sind in den Achtzigern geboren. Alle sind Akademiestudenten. Und alle sind Bildhauer, auf die sich der PwC-Förderpreis diesmal konzentrierte. Weil die es, so Kuratorin Stefanie Lucci, im Kunstbetrieb schwer haben. Dafür steht Dekker exemplarisch. Skulpturen, Plastiken und Installationen brauchen Platz, also mehr Atelierfläche. Sie sind schwerer verkäuflich als Malerei und kosten allein von der Herstellung her viel Geld.
Falten, wickeln, knüllen, drehen
Zum vierten Mal kürt das Unternehmen junge Positionen des Akademie-Rundgangs. In diesem Jahr wurden zwei Künstler ausgezeichnet. Neben Michael Dekker freut sich Lydia Peter über einen mit 2000 Euro dotierten zweiten Platz und die Gelegenheit, ihre Werke ausstellen zu können. Sie ist 27 und wurde soeben mit dem Studium fertig. Zuletzt war sie Meisterschülerin bei Didier Vermeiren. Peter arbeitet mit Gips, den sie faltet, wickelt, knüllt und dreht. Dichte und Bewegung lauten ihre Themen. In der Halle fällt der Blick auf einen Gips-Stoffballen, der auf einem in Scheiben geschnittenen Sockel ruht. Hierfür fertigte Peter einen Abdruck mit Leinen an. Daneben sind verschlungene Gips-Rohre zu sehen, die sie modelliert hat. Gips ist ein tolles Material, sagt sie. „Das Licht zaubert darauf so schöne Grautöne und Schatten.“
Seitdem sein „Lager“ beim Akademie-Rundgang zu sehen war, hat Dekker noch ein paar Meter draufgesetzt. Fünf Tage lang braucht er, um seine raumhohe Installation aufzubauen. Jetzt ziehen die beiden Türme, miteinander verbundene Stahlgerüste, die Blicke auf sich. Bündel weißer Holzstäbe scheinen daran hinaufzuklettern und herabzubröckeln, wie Arme greifen sie durch den Stahl. Dekker dachte an die Felsentore im US-amerikanischen Utah, sein Traumziel. An fließende Gesteinsmassen wie sie unter der Erdoberfläche vorkommen, wo die Kontinentalplatten brechen und sich verschieben.
Dekker weiß, wovon er spricht. Er hat Geografie und Geologie studiert, bevor er zur Kunst und schließlich in die Klasse Tony Cragg gelangte. Wieso er Bildhauer geworden ist? Der junge Künstler überlegt. Begeisterung. Leidenschaft. Eigentlich hatte er sich als Maler bei der Kunstakademie beworben, fing dann aber an zu bauen. „Das war ein Aha-Erlebnis.“