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Juans Mode mit Papas Verbrechen

Juans Mode mit Papas Verbrechen

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Foto: dpa
Sohn des Drogenbosses Pablo Escobar entschädigt sich für eine schwere Kindheit. Juan Pablo Escobar Henao ist aus der Anonymität getreten und vermarktet die Geschichte seines Vaters mit einem Mode-Label.

Mexiko-Stadt. 

Juan Pablo Escobar Henao hatte eine bewegte Kindheit. Der einzige Sohn des kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar war schon als Junge ein Gejagter. Er floh mit Eltern und Schwester von Versteck zu Versteck, wurde aus Schulen ausgeschlossen, geachtet und geächtet. Juan Pablos Kindheit glich einem goldenen Käfig.

Zwar wurden daheim die Dollar-Millionen in kleinen Scheinen in Kleiderschränken gehortet, aber Bonbons im Tante-Emma-Laden konnte er sich davon nie kaufen. „Ich habe schon mit sieben Jahren das Leben eines Verbrechers geführt“, sagte er einmal.

Als der Vater, Milliardär und Massenmörder, vor gut 20 Jahren auf einem Dach in Medellín von Spezialeinheiten getötet wurde, floh der Junior mit Mutter, Schwester und Großmutter nach Argentinien. Dort nennt sich der mittlerweile 36-Jährige Sebastián Marroquín und arbeitet als Architekt. Eigentlich. Denn inzwischen macht er sich daran, die Geschichte seines Vaters erfolgreich als Geschäftsidee zu vermarkten. Marroquín verdient mit einer Modemarke Geld, die mit dem Image und den Verbrechen des Vaters spielt. Vielleicht will sich der Sohn so für seine entbehrungsreiche Kindheit entschädigen.

Fahndungsfotos, Führerschein, Sparbuch – Aufdrucke auf dem T-Shirt

Jahrelang lebte Marroquín inkognito, so weit es ging. Auch aus der Angst, die Feinde seines Vaters könnten ihm noch immer nach dem Leben trachten. Aus Rache und weil sie vermuteten, Escobar junior und seine Familie hätten Teile des immensen Reichtums von Escobar senior mit ins Exil genommen.

Vor über einem Jahr verließ Sebastián Marroquín die Anonymität und kreierte eine Modemarke für Oberbekleidung, deren Alleinstellungsmerkmal Aufdrucke und Motive rund um den väterlichen Drogenboss sind. Marke und Firma heißen „Escobar Henao“ (www.escobarhenao.com), zusammengesetzt aus den Nachnamen seiner Eltern.

Die Kollektionen von Hemden und Hosen sind bedruckt mit Fahndungsfotos des Vaters, mit seinem Führerschein, seiner Kreditkarte, seinem Sparbuch, oder mit einem Parkschein vom Parlament für „den ehrenwerten Señor Pablo Escobar Gaviria“. Auch das polizeiliche Führungszeugnis des Drogenbosses aus dem Jahr 1970 kann man als Kleidungsaufdruck erwerben. Auf einem weißen Shirt, das der Personalausweis ziert, heißt es zudem: „Pablo Emilio Escobar Gaviria, Nummer 552938. Nationalität: Kolumbianisch“.

Marroquín sagt, er sei vor allem aus pädagogischen Gründen unter die Modedesigner gegangen und nicht nur um Geld damit zu verdienen. „Meine Arbeit ist eine Kritik an der Geschichte meines Vaters, und eine Einladung an junge Menschen, sich über die Gefahren von Drogen und Drogenhandel Gedanken zu machen.“

Botschaften zum Nachdenken

Ganz billig ist die Mode dann aber auch nicht. Die T-Shirts kosten umgerechnet zwischen 45 und 70 Euro, die Jeans 100 Euro. Vertrieben wird übers Internet oder in Geschäften in Mexiko, Guatemala, Puerto Rico, New York, Chile und Österreich. Besonders gut – das mag nicht verwundern – verkaufen sich die Kollektionen in Mexiko. Dort tobt der Drogenkrieg wie dereinst in Kolumbien – und die „Narco-Kultur“, der Hype um die Symbole der Bösen, erfreut sich in Mexiko großer Beleibtheit. Daheim in Kolumbien verkauft Marroquín übrigens nicht. Aus Rücksicht auf die 4000 Opfer seines Vaters. Pikant allerdings: Gefertigt werden die Kollektionen in Medellín, der Mode- und ehemaligen Drogenmetropole und Heimatstadt von Pablo Escobar.

Die Modemarke sei so etwas wie seine „kleine textile Meinungskolumne“, sagte Marroquín kürzlich einer spanischen Tageszeitung. „Ich denke nicht, dass ein Hemd einen Jungen mehr oder weniger gewalttätig macht, aber es ruft durch die Botschaften darauf zum Nachdenken auf.“

Denn zuzüglich zu den Aufdrucken prangen auf den Kleidungsstücken Sätze und Fragen, die zum Nachdenken anregen sollen. Etwa: „Was tust Du?“, „Denke gut nach“, „Genug ist nie genug“ oder „Was ist dein Kopf wert?“, „Es gibt Investitionen, die lassen einen als Verlierer zurück“. Er sei ein Pazifist, unterstreicht Marroquín. „Niemals war ich für Gewalt.“ Das solle auch seine Kleidung vermitteln.