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Hohe Geldstrafe für Jens Lehmann

Hohe Geldstrafe für Jens Lehmann

Starnberg. 

Der große Unbequeme des deutschen Fußballs gibt sich höflich, aber still. Eine Viertelstunde vor Prozessbeginn am Mittwochmorgen betritt Jens Lehmann (47) das Amtsgericht in Starnberg. Das Wachpersonal lässt er anstandslos in seine Aktentasche schauen, einem Fan schreibt er ein Autogramm. Vor Sitzungssaal 125 warten mehrere Kameras auf Lehmann, er geht wortlos an ihnen vorbei.

Am Nachmittag steht fest: Der Ex-Nationaltorwart muss tief in die Tasche greifen. Wegen Beihilfe zur Unfallflucht verurteilt ihn das Gericht zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 850 Euro – 42 500 Euro insgesamt. Der Prozess zeigt, dass der frühere Fußballer fünf Jahre nach seinem Karriereende noch immer ein äußerst streitbarer Charakter ist.

Vor Gericht geht es um gleich drei Delikte. Im vergangenen Herbst war er als Beifahrer in der Münchener Innenstadt in einen Auffahrunfall verwickelt und hatte sich geweigert, den Zusammenstoß von der Polizei aufnehmen zu lassen – dafür wurde er nun verurteilt. Zwei weitere Fälle werden eingestellt: Vor zwei Jahren soll er einen anderen Autofahrer nahe seinem Wohnort am Starnberger See ausgebremst haben. Dann sei Lehmann aus seinem Wagen gestiegen und habe ihn am Hals gepackt, behauptet der andere Autofahrer im Sitzungssaal. Lehmann, der vermeintliche Hitzkopf, schildert die Ereignisse so: „Ich hatte das Gefühl, dass er mich rammen wollte. Ich habe mich zu Tode erschreckt.“ Der dritte Fall: In diesem Frühjahr wurde Lehmann bei einer Geschwindigkeitskontrolle auf der Autobahn 8 geblitzt. Als er den Bußgeldbescheid bekam, gab er aber einen anderen Mann als Fahrer an. Sein Pech: Auf einem Foto ist Lehmann als Fahrer zu erkennen.

Der gebürtige Essener arbeitet als TV-Experte. Sein Monatseinkommen: 25 000 Euro netto, sagen seine Anwälte. Seit 2008 lebt er mit seiner Familie am Starnberger See, 30 Kilometer südwestlich von München. Er ist dort in guter Gesellschaft: In dem 8000-Einwohner-Städtchen leben viele Prominente. Fußballer genauso wie CSU-Politiker.

Auch andere Fußballerwurden im Verkehr auffällig

Nachbarn haben Medien gegenüber immer wieder von Streitigkeiten mit Lehmann berichtet: So flog er während seiner Zeit beim VfB Stuttgart mehrmals mit dem Hubschrauber zum Training nach Baden-Württemberg und abends wieder zurück. Der Helikopter verursachte bei der Landung auf einem Fußballplatz in seinem Wohnort ein derartiges Getöse, dass sich sogar der Bürgermeister beschwerte. Schon während seiner aktiven Zeit war Lehmann umstritten. Sein ehemaliger Dortmunder Kollege Lars Ricken (40) sagte einst: „Normalerweise verblassen im Fußball die negativen Erinnerungen an einen Spieler. Beim Jens scheinen nur die positiven zu verblassen.“

Lehmann ist nicht der erste (Ex-)Fußballer, der im Straßenverkehr auffällt. Nationalspieler Marco Reus (27) musste 540 000 Euro zahlen, weil er jahrelang ohne Führerschein gefahren war – zudem präsentierte er der Polizei bei einer Kontrolle eine gefälschte niederländische Fahrerlaubnis. Stefan Effenberg (48) wurde nach einem Oktoberfest-Besuch mit 1,4 Promille in seinem Jaguar erwischt. Lehmanns ehemaliger Nationalmannschaftskollege Gerald Asamoah (38) hatte wenigstens einen guten Grund, als er 2009 mit 185 km/h durch eine 80er-Zone raste – er war auf dem Weg zu seiner hochschwangeren Frau.

Trotz Strafe – Lehmannkann mit dem Urteil leben

Trotz der Strafe darf Jens Lehmann den Tag vor Gericht als Erfolg werten. Denn eigentlich hatte die Staatsanwaltschaft ihm nach dem Gerangel mit dem Autofahrer wegen Nötigung und versuchter Körperverletzung im Straßenverkehr einen Strafbefehl über 240 000 Euro aufgedrückt. Weil Lehmann Einspruch einlegte, kam es nun zum Prozess – mit dem für ihn günstigen Ausgang.

So wortkarg, wie sich Lehmann auf dem Weg zum Starnberger Sitzungssaal gab, bleibt er auch am Ende. Als die Richterin ihn fragt, ob er noch etwas loswerden wolle, überlegt Lehmann lange – und sagt dann doch nur: „Nein.“