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Große Erfolge und ein Drama: Ingrid van Bergen wird 85

Große Erfolge und ein Drama: Ingrid van Bergen wird 85

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14919C005365F222.jpg Foto: dpa
Sie spielte mit Stars wie Walter Giller und Kirk Douglas. Doch meist wird Ingrid van Bergen mit einer Tat von vor 40 Jahren verbunden.

Berlin. 

Viele, die ihren Namen hören, denken an ihre Tat: In der Nacht zum 3. Februar 1977 erschoss die Schauspielerin Ingrid van Bergen ihren Geliebten. „Damals war ich völlig außer Kontrolle“, sagt van Bergen heute. Dass ihr Racheakt sie bis zu ihrem 85. Geburtstag am Mittwoch verfolgt, hat auch mit ihrem Umgang damit zu tun: Van Bergen bemühte sich immer, die Tat als Medienspektakel zu nutzen.

Zwar lebt sie heute zurückgezogen mit ihren drei Hunden, drei Katzen und einem andalusischen Pferd in der Lüneburger Heide. Doch lange hatte sie versucht, wieder Fuß zu fassen im Showgeschäft. Fast schien es, als sei sie enttäuscht, dass sich die Sender nicht viel stärker um sie bemühten. Hatte sie doch das zu bieten, wonach der Boulevard lechzte: Sex and Crime. Doch eine Kriminelle war damals noch ein Tabu, für TV-Anstalten, Regisseure – und nicht zuletzt fürs Publikum. Man wollte saubere Helden. Und keine Frau, die sich mit Gin in Rage soff und dann abdrückte.

Immer wieder versuchte sie, in Talkshows Sympathien zu gewinnen. Erst bei RTL konnte sie die Tat als Spektakel abfeiern. Unvergessen ihre Beichte im Dschungelcamp 2009: Wie eine Märchenoma am Lagerfeuer zelebrierte van Bergen, damals 77 Jahre alt, das Drama einer Nacht. Mit gesenkter Stimme berichtete sie, wie sie von ihrem 33-jährigen Lebensgefährten Klaus Knaths, einem Finanzmakler und Frauenheld, gedemütigt worden sei. An dem besagten Abend habe sie Wein und Gin getrunken und gemeinsame Fotos im Kamin verbrannt. Sie packte regelrecht aus. Es klang wie aus einem schlechten Film, als sie von Knaths Geldkoffern sprach – und letztlich von seiner Waffe. Und daran, dass sie sich dann nur noch an die Leiche vor dem Haus erinnere. Der Abend war ein Beispiel dafür, wie sich Trash-TV zu einer Art Ersatzgericht aufspielte.

Schauspielerin ist seit 1977 Single

Ingrid van Bergen, die als deutsches Kurvenwunder sogar mit Stars wie Robert Mitchum oder Kirk Douglas drehte und mit „Rosen für den Staatsanwalt“ 1959 ihren größten Erfolg feierte, wurde für ihre Tat zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Nach fünf Jahren im Frauengefängnis in Bayern dann 1982 die Freilassung. Ein Medienrummel, der seinesgleichen suchen konnte und dafür sorgte, dass sie sich zurück ins Gefängnis wünschte: „Da konnte keiner rein und mir blöde Fragen stellen.“

Als sie wieder da war, war sie – wen wundert es – die Böse, die Mörderin, die Teufelin. Und damit auch privat am Ende. „Ich bin seit 1977 Single. Ich habe seither nie wieder engeren Kontakt mit einem Mann gehabt als einen Handschlag – ich habe gesehen, wo das hinführen kann. Damals war ich ja völlig außer Kontrolle.“

Doch sie brauchte Rollen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie musste die Gerichtskosten zahlen, den Unterhalt für die beiden Knaths-Kinder und für die Witwe. Also musste sie sich über Wasser halten mit Filmen wie „Meine polnische Jungfrau“ (2001), „Kratzbürsten – Lust und Frust im reifen Alter“ oder „Neues vom Wixxer“ (2007). Da kam ihr eine Kraft zugute, die sie selbst als ihre zentrale Energie beschreibt: „Der Glaube daran, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen.“ Das richtige Konzept also, um in den Dschungel zu ziehen, der ihr endlich die Aufmerksamkeit verschaffte, die sie über Jahrzehnte suchte. Ungeschminkt saß sie da, in manchen Augen wirkte sie heruntergekommen. Doch das Ungepflegte wurde Kult wie van Bergens Motto. „Ich muss nicht ewig an mir rumstylen.“

Die ewige Rolle als Vamp

Das damalige Bekenntnis zur Natürlichkeit, zu ihrem 77 Jahre alten Körper, war gewagt, doch für sie ein Gewinn: Van Bergen wurde Dschungelkönigin. Mit ihrem Appell gegen alles Oberflächliche wurde sie gar zur altersweisen Lady hochstilisiert. Dass sie – Veganerin – Känguruhoden herunterwürgte, war noch das Sahnehäubchen obendrauf.

In ihren Filmen bediente sie die Rolle des Vamps. Ein falsches Bild, sagt sie heute. Gefühlt habe sie sich nie so. „Ich hätte mit so manchem Regisseur ins Bett hüpfen können, um die Karriereleiter etwas leichter zu erklimmen. Das habe ich aber nie, nie gemacht.“ Ihr wahres Ich? „Ich bin eine gute Hausfrau, koche gern und mache gerne Gartenarbeit.“