Sie hat DSDS kritisiert. Grundsätzlich. Und jetzt ist Marianne Rosenberg doch dabei. In der Jury. Neben Dieter Bohlen. RTL hat die Künstlerin gefragt. Sie hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie hat mit dem Kölner Sender diskutiert, gestritten. Letztlich hat sie Ja gesagt. Warum, das verrät sie im Interview.
Köln.
Nun suchen sie wieder bei RTL. Einen Superstar. Und in der elften DSDS-Auflage (RTL, 20.15 Uhr) sucht jemand mit, von dem man es nun wirklich nicht erwartet hätte. Marianne Rosenberg sitzt in der Jury. „Ja“, sagt die 58-Jährige. „Ich bin selbst überrascht.“
Denn Casting-Shows fand die Berlinerin bisher ungefähr so gut wie eine Wurzelspitzenresektion beim Zahnarzt. „Man wird zu einer Art Massenware, weil diese Menschen nicht an Talent oder Personen interessiert sind, sondern nur an austauschbaren Köpfen für einen kurzen Hype“, hat sie mal gesagt und von „Menschenverwertungsmaschinerien“ gesprochen. Sogar ein Lied hat sie zu dem Thema gemacht. „Lauf Kleine“ geht zwar mehr in Richtung Topmodel-Suche, rechnet aber auch mit Leuten wie Dieter Bohlen ab. „Die haben mehr Spaß daran, wenn jemand niedergemacht wird, als dass jemand etwas Aufbauendes sagt.“
Bei DSDS sollen diesmal die „Kandidaten an die Macht“
Deshalb war sie auch „sehr verwundert“, als RTL sie gefragt hat. Und deshalb hat sie auch lange überlegt, ob sie zusagen soll und viele Diskussionen geführt mit den Verantwortlichen im Sender. „Gründlich und kontrovers.“ Und irgendwann hat sie festgestellt. „Es reizt mich, da mitzumachen.“
Auch weil in der neuen Staffel „vieles anders werden soll“. „Kandidaten an die Macht“ lautet das Motto. Will sagen: Die Teilnehmer sollen Entscheidungen über Songauswahl, Interpretation, die Choreographie und Outfits verstärkt selbst treffen – natürlich beraten von der Jury. Da hat Rosenberg die Chance gesehen, „meine Vorstellungen von so einer Show einzubringen“. Die will sie nutzen, denn: „Nur von außen zu meckern, ist ja einfach.“
Rosenberg kennt „das Showbusiness in- und auswendig“
Fachlich ist sie der neuen Aufgabe ja gewachsen. Sie ist Interpretin, Autorin, Produzentin. Schlager machen sie berühmt aber irgendwann springt sie aus der Schublade, in die man sie in den 1970ern gesteckt hat. Sie steht mit Kai Havaii („Extrabreit“) und mit Rio Reiser auf der Bühne, interpretiert Kurt Weill, singt Jazz und Chanson, wird zu einer Ikone der Schwulenbewegung. Und vor kurzem erst hat sie mit ihrem Produzenten Dirk Rieger die Band „Schattenherz“ gegründet.
„Ich kenne“, sagt sie, „das Showbusiness wirklich in- und auswendig.“ Sie selbst kennt man aber auch noch, auch wenn man noch gar nicht geboren war, als Marianne Rosenberg mit Liedern wie „Er gehört zu mir“ oder „Ich bin wie Du“ ihre ersten Erfolge feierte. „Das sind praktisch Erbstücke. Die kann heute noch jeder mitsingen.“
Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen lief erstaunlich harmonisch
Hat bei den Castings aber kaum einer gemacht. „Nur zwei oder drei Leute haben Schlager vorgetragen“, erinnert sich die Neujurorin. Und dass, obwohl in der vergangenen Staffel mit Beatrice Egli eine Schlagersängerin siegte. Rosenberg ist das nur recht. „Schlager ist längst nicht mehr mein Metier.“
Bleibt noch zu klären, wie es denn mit Dieter Bohlen gelaufen ist. „Gut“, sagt Rosenberg, „wir haben ja schon früher mal zusammengearbeitet.“ Trotzdem hat es sie verblüfft, wie oft der Oberjuror und sie einer Meinung waren, wenn es um die Beurteilung eines Kandidaten ging. „Er bringt das nur anders rüber als ich.“ Freunde der schlichten Ansprache dürfen sich also beruhigt zurücklehnen.
Bohlen klopft wieder markige Sprüche
Auch in der elften Auflage der Sendung wird Bohlen wieder markige Sprüche klopfen. „Viele Leute schalten genau deshalb ein“, glaubt Rosenberg und „manche wollen speziell von Bohlen beurteilt werden“ – selbst wenn er sie in bekannter Manier abwatscht. „DSDS ist seine Sendung, da darf man sich nichts vormachen.“ Aber selbst wer singen kann, wird manchmal zum Problemfall. „Ein, zwei gute Auftritte, und einige verlieren die Bodenhaftung.“ Rosenberg hat sich bemüht, sie ihnen wiederzugeben. „Weil ich mich erinnert habe, dass es mir ähnlich gegangen ist, als ich jung war.“
Überhaupt kennt Rosenberg nun beide Seiten. Sie selbst ist ja als 13-Jährige bei einer Casting-Show entdeckt worden, die damals noch Talentwettbewerb hieß. „Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man da steht. Schutzlos, ausgeliefert, Panik vor der eigenen Courage.“ Sie weiß, dass sie den Kandidaten diese Gefühle nicht nehmen kann. „Aber ich kann versuchen, ihnen zu helfen, authentisch zu bleiben.“ Was für DSDS schon mal ein Fortschritt wäre.