Der frühere Fußball-Trainer Udo Lattek ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Die Trainer-Legende coachte unter anderem den BVB, Schalke und Gladbach.
Berlin.
Nach seinem letzten Auftritt im Trainergeschäft wurde Udo Lattek noch einmal ganz groß gefeiert. Im Jahr 2000 war das, Borussia Dortmund war im Abstiegskampf in Panik geraten. Die letzte Lösung hieß: Udo Lattek. Im Gespann mit dem jungen Trainerneuling Matthias Sammer erledigte der bereits 65-Jährige die ihm angetragene Schwerarbeit mit Bravour. Natürlich ließ er sich den Job auch fürstlich honorieren, wie immer.
Als der damalige BVB-Präsident Gerd Niebaum bei einer internen Feier eine Lobrede auf den Retter hielt, grinste Lattek und deutete mit den Händen die Steuerung eines Lenkrads an. „Brummbrumm“ soll er dabei gesagt haben. Ein dezenter Hinweis darauf, dass ihm auch noch ein Auto der Kategorie Luxusklasse versprochen worden war.
Udo Lattek – eine Kultfigur am Fernsehstammtisch
So war Udo Lattek, der – wie nun bekannt wurde – am Sonntag im Alter von 80 Jahren verstarb. Ein Fußballversteher, ein Erfolgsmensch, ein Mann der Tat und des klaren Wortes. Und einer, der zu leben wusste. Mit einigen Lastern und reichlich Risiken.
Vor den Liga-Begegnungen am Mittwochabend gedachten Fans und Mannschaften Lattek mit einer Schweigeminute. „Er ist ein ganz Großer. Ich habe ihn als großartigen Typen kennengelernt, der uns junge Kollegen auf Augenhöhe betrachtet hat“, sagte BVB-Coach Jürgen Klopp dem TV-Sender Sky.
In seiner größten Zeit, in den Goldenen Siebzigern des deutschen Fußballs, hatte er ein Abo auf Titel und Triumphe abgeschlossen. Unter seiner Regie begann die grandiose Zeit des FC Bayern, mit Cleverness und Gerissenheit führte er ein extravagantes Ensemble mit Welt- und Europameistern wie Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Sepp Maier, Paul Breitner und Uli Hoeneß auch an Europas Spitze. Und als Hennes Weisweiler, sein großer Gegenspieler in jenen Jahren, Borussia Mönchengladbach verließ, übernahm Lattek Weisweilers Job am Niederrhein – wieder mit meisterlichen Folgen.
In Essen hatten sie ihm das krumm genommen, denn eigentlich hatte Udo Lattek 1975 bereits bei Rot-Weiss unterschrieben. Als dann das Gladbacher Angebot kam, meinte er lapidar: „Was würden Sie denn machen, wenn Sie die Wahl zwischen einem Fahrrad und einem Mercedes hätten?“
Mit acht Meistertiteln erfolgreichster Trainer der Liga
Ja, Udo Lattek konnte sehr direkt sein, auch verletzend. Aber jede Methode ließ sich leicht erklären: Sieger haben im Hochleistungssport immer Recht. Mit acht Meistertiteln krönte er sich zum erfolgreichsten Bundesligatrainer.
Nachdem er die Bank verlassen hatte, setzte sich Udo Lattek in einen Fernsehsessel. Seine regelmäßigen Auftritte als Experte am Sonntags-Stammtisch des DSF, später Sport1, wurden Kult. Lattek legte den Finger in jede Wunde und unterhielt die Leute mit Anekdoten aus einer Zeit, die er für die gute, alte hielt.
16 Jahre lang funktionierte auch dieses Konzept. Dann wurde Udo Lattek krank. Er erlitt zwei Schlaganfälle, überstand eine Hirnoperation, Parkinson und Altersdemenz nahmen ihn gefangen. Zuletzt lebte er in einem Kölner Pflegeheim.
Die ganz Großen der Fußballwelt haben sich am Mittwoch verneigt. Vor einem der ihren.
„Schon zu Lebzeiten eine Legende“ – Reaktionen zum Tod von Udo Lattek
Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender FC Bayern München: „Die Nachricht vom Tod Udo Latteks hat uns tief getroffen und bewegt. Sein Name ist so eng mit dem Aufstieg des FC Bayern München in den erfolgreichen 70er Jahren verbunden. Udo Lattek war einer der erfolgreichsten deutschen Fußballtrainer, dazu war er über Jahrzehnte lang eine der großen Persönlichkeiten des Sports, national und international. Mit ihm verlieren wir einen der großen Männer des FC Bayern, einen persönlichen Förderer und Freund.“
Pep Guardiola, Trainer FC Bayern München: „Udo Lattek war ein überragender Fußballlehrer und eine große Persönlichkeit. Er hat als Coach beim FC Barcelona große Fußspuren hinterlassen.“
Franz Beckenbauer: „Traurige Nachricht: Der große Udo Lattek ist tot. Ich hatte gehofft, dass ihm die Krankheit noch gute Tage lässt.“
Wolfgang Niersbach, Präsident Deutscher Fußball-Bund: „Udo Lattek war nicht nur der erfolgreichste Trainer der Bundesliga-Geschichte, sondern eine herausragende Persönlichkeit des deutschen Fußballs. Der DFB hat ihn 2012 für sein Lebenswerk ausgezeichnet, weil er über Jahrzehnte den Fußball entscheidend mitgeprägt hat. Seine Meisterschaften und Titel werden uns allen ebenso in Erinnerung bleiben wie seine direkte, aber immer liebenswerte Art. Udo Lattek war schon zu Lebzeiten eine Legende, er wird uns fehlen.“
Reinhard Rauball, Ligapräsident: „Die Bundesliga trauert um einen außergewöhnlichen Sportsmann und einen außergewöhnlichen Menschen. Wie viele im deutschen Fußball verliere ich mit Udo Lattek einen Freund. Wir haben uns vor über 30 Jahren kennen und schätzen gelernt. Ehrlich, gradlinig und manchmal stur – das zeichnete Udo Lattek aus. Und gleichzeitig war er sensibel, hatte als Trainer immer ein offenes Ohr für die Befindlichkeiten seiner Spieler. Seine Erfolge sprechen für sich. Acht deutsche Meistertitel werden auf absehbare Zeit unerreicht bleiben. Er prägte mehrere Spieler-Generationen im deutschen Fußball, viele seiner einstigen Schüler sind ihm heute noch in Dankbarkeit verbunden. Die Bundesliga wird Udo Lattek als einen ihrer herausragenden Protagonisten in Erinnerung behalten. Mein Beileid gilt seiner Frau und seiner Familie.“
Werner Spinner, Präsident 1. FC Köln: „Im Namen des gesamten 1. FC Köln drücke ich Udo Latteks Angehörigen unser tiefes Mitgefühl aus. Mit Udo Lattek verliert der deutsche Fußball nicht nur einen der erfolgreichsten Trainer seiner Geschichte, sondern auch eine seiner prägendsten Persönlichkeiten. Er wird hier in Köln nicht vergessen werden.“
Stephan Schippers, Geschäftsführer Borussia Mönchengladbach: „Die Nachricht vom Tod Udo Latteks hat uns tief getroffen. In Udo Lattek verliert der Fußball einen der erfolgreichsten deutschen Trainer und eine große Persönlichkeit. Sein Name ist untrennbar mit Borussias Erfolgen Ende der 70er-Jahre verbunden. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.“ (dpa)
Udo Latteks Trainerstationen und Titel
Trainerstationen: 1964 – 1965 VfR Wipperfürth 1965 – 1969 DFB-Trainer 13.03.1970 – 2.01.1975 FC Bayern München 1975 – 1979 Borussia Mönchengladbach 1979 – 10.05.1981 Borussia Dortmund 1981 – 03.03.1983 FC Barcelona 1983 – 1987 FC Bayern München 1987 – Februar 1988 1. FC Köln (Sportdirektor) 13.09.1990 – 08.03.1992 1. FC Köln (Sportdirektor) 1992 – 17.01.1993 FC Schalke 04 13.04.2000 – 30.06.2000 Borussia Dortmund
Titel: Deutscher Meister: 1972, 1973, 1974, 1976, 1977, 1985, 1986, 1987 – DFB-Pokal: 1971, 1984, 1986 – Spanischer Pokal: 1982 – Europapokal der Landesmeister: 1974 – Europapokal der Pokalsieger: 1982 – UEFA-Cup-Sieger: 1979 (dpa)