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Steffi Jones ist für DFB-Frauen nicht nur die liebe Steffi

Steffi Jones ist für DFB-Frauen nicht nur die liebe Steffi

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Foto: imago/Bernd König
Steffi Jones macht vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Russland deutlich, wie sie sich ihre Rolle als Bundestrainerin für die Zukunft vorstellt.

Wiesbaden. 

Der pechschwarze Trainingsanzug mit den pinkfarbenen Streifen, den der Trainerstab der deutschen Frauen-Nationalmannschaft dieser Tage im Teamhotel von Wiesbaden trägt, steht auch Steffi Jones prima. Mindestens so gut wie die Hosenanzüge, mit denen sich dieselbe Frau demnächst wieder durch die Flure der DFB-Zentrale im Frankfurter Stadtwald bewegt. Es ist ein interessantes Projekt, das da gerade läuft: Die Direktorin für Frauen- und Mädchenfußball arbeitet beim Aushängeschild A-Team als Assistentin mit, um sich für ihre künftige Aufgabe als Bundestrainerin zu wappnen.

Unterschiedliche Lebensläufe

„Es geht für mich darum, viele Eindrücke zu sammeln. Ich fühle mich total integriert. Meine Meinung ist gefragt“, beteuert die gebürtige Frankfurterin, die sich aber in den Trainingseinheiten vor den zwei Spielen in der EM-Qualifikation in Wiesbaden gegen Russland (Donnerstag 16 Uhr/live im ZDF) und in Sandhausen gegen die Türkei (Sonntag 14.15 Uhr/live in der ARD) noch auffällig in die Beobachterrolle fügt.

Frauen-WMGleichwohl: „Sie ist keine Hospitantin, sie ist eine Assistentin“, erklärt Bundestrainerin Silvia Neid und ergänzt grinsend: „Steffi ist Steffi.“ Klar, dass die beiden 111-fachen Nationalspielerinnen mit ihrer jeweils völlig unterschiedlichen Lebensläufen gegenseitig voneinander profitieren wollen; sicher auch, dass Jones nach den Olympischen Spielen 2016 hinaus – dem Zeitpunkt an dem sie zur Chefin aufsteigt – einige Veränderungen vornehmen wird.

Die Frau und der Mann, die ihren Helferstab bilden sollen, würden längst feststehen, verrät sie in einer kleinen Gesprächsrunde. Sie betont, dass es nicht zu einer Arbeitsteilung wie bei den Männern bei der WM 2006 unter Jürgen Klinsmann und Joachim Löw kommen werde, wo der eine fast alle fußballfachlichen Fragen an den anderen abtrat. „Ich bin nicht nur die Repräsentantin. Ich traue mir zu, dass meine Handschrift und Strategie sichtbar werden.“ Die beiden Trainer, die bis zum Spätsommer noch geheim bleiben sollen, dürften sicher sein: „Ich drücken ihnen nicht nur die Arbeit auf.“

Das Selbstbewusstsein ist groß

Das Selbstbewusstsein der ehemaligen OK-Chefin der Frauen-WM 2011 („bin ich aus der kalten Hose geworden“) ist bekanntermaßen groß. Die bald wichtigste Trainerin im Lande tritt mit Nachdruck dem aus ihrer Sicht falschen Urteil entgegen, ihre fehlende Erfahrung bei der 2007 im Schnelldurchgang erworbenen Fußballlehrerlizenz sei ein Handicap. „Es gibt genug Trainer, die mit einem guten Führungsstil sofort eine Mannschaft greifen können.“

Und dazu erzählt Jones die Episode, wie sie sich nach einem Trainerkongress mit dem niederländischen Ex-Nationalspieler Patrick Kluivert ausgetauscht habe; wie sie mit DFB-Sportdirektor Hansi Flick ein Leitbild erarbeitet habe, „weil zwischen männlicher und weiblicher Talentförderung keine Parallelwelten bestehen dürfen.“ Ihre erstmals so konkret vorgetragenen Ideen wirken durchdacht.

Eine optimistische Grundhaltung

„Steffi ist ein angenehmer, sympathischer Typ“, weiß Melanie Behringer vom FC Bayern. „Wir lernen sie kennen, sie lernt uns kennen. Dann ist der Übergang später leichter“, glaubt Lena Goeßling vom VfL Wolfsburg. Jones („bin immer offen für Neues und Veränderungen“) personifiziert eine daueroptimistische Grundhaltung, die dieser zuletzt auf kanadischem Kunstrasen in entscheidenden Momenten ratlosen Nationalelf vielleicht wirklich gut tun kann.

„Wir gehören immer noch zur Weltspitze“, insistiert die neue Assistentin, „aber natürlich gibt es Dinge, an denen wir arbeiten müssen.“ Vor allem die Ballannahme und -mitnahme müsse geschult werden, wobei sie einen interessanten Erklärungsansatz liefert: „Unsere Spielerinnen haben die Technik, den Ball unter Druck zu verarbeiten. Sie haben aber oft nicht die mentale Stärke, dann cool zu bleiben.“

Nun wird an den Defiziten gearbeitet: Bereits morgen geht es für die Nationalspielerinnen ins Trainingszentrum der TSG Hoffenheim, dort in den so genannten „Footbonauten“. Der Bälle spuckende Trainingskäfig wurde gemietet, um im technisch-koordinativen Bereich einen Akzent zu setzen. Unter Jones‘ Regie werden ab dem nächsten Jahr viele weitere folgen. Notfalls geht es auch um unbequeme Wahrheiten. Denn wie betont sie ganz am Ende: „Ich bin nicht immer die liebe Steffi.“