- Fünfjähriges Mädchen war zu Hause nach einem tragischen Unfall gestorben
- In der Kita, die das Kind besucht hat, sucht man jetzt einen Weg aus der Trauer
Essen.
Plötzlich war die kleine Annika nicht mehr da. Nur fünf Jahre hat ihr Leben gedauert.
Zu Hause hatte sie sich beim Essen verschluckt. Am Montag kam sie nicht in die Kita. Am Donnerstag danach verstarb sie.
Welche Umstände nach dem tragischen Unfall genau zum Tod geführt haben, berichten wir an dieser Stelle nicht. Um ihre Eltern, Verwandten und Freunde zu schützen, die in diesen Tagen mit unendlicher Trauer belastet sind. Deshalb schreiben wir auch nicht den echten Namen des Mädchens: Wir nennen sie Annika.
„Das geht ganz schön an die Nieren“
In der Frohnhausener Kita St. Augustinus, die Annika besucht hat, ist jetzt alles anders, als es vorher war. Wie gehen die Kinder jetzt damit um? Und wie die Erzieherinnen?
„Den Erzieherinnen geht das natürlich ganz schön an die Nieren“, sagt Sabine Lethen.
Sie leitet den Geschäftsbereich Religionspädagogik des Kita-Zweckverbandes des Bistums Essen. „Da hilft es, wenn sie sich ab und zu mal in den Arm nehmen und wissen, was die andere gerade fühlt.“
Einmalige Ausnahmesituation
Sie selbst erlebt nicht zum ersten Mal, dass ein Kindergarten-Kind stirbt. „In den letzten zehn Jahren ist das 16 Mal passiert. Und es ist jedesmal fürchterlich“, sagt sie.
Für die Erzieherinnen vor Ort sei das aber eine einmalige Ausnahmesituation. Mit der müssen sie nun umgehen lernen. Denn auch, wenn eines der Kinder jetzt nicht mehr da ist: Sie müssen weiterhin für alle anderen in der Kita-Gruppe da sein.
Wie erklärt man den Kleinen, dass ihre Freundin Annika nicht mehr da ist? „Normalerweise wird im Sitzkreis immer alles besprochen, was so anfällt. Das ist ein Ritual. Diesmal lag ein schwarzes Tuch mit einer Kerze darauf in der Mitte. Da wussten die Kinder: Jetzt ist etwas Besonderes, etwas Trauriges passiert.“
„Aber nächste Woche kommt Annika wieder, oder?“
Und wie haben sie auf die Nachricht reagiert? Kinder, von denen die meisten noch nie mit dem Tod konfrontiert waren – erst recht nicht mit dem Tod einer Spielkameradin? „Die kleineren Kinder haben noch kein klares Zeitverständnis. Unter ’nie mehr‘ können sie sich nichts vorstellen. Manche haben gefragt: ‚Aber nächste Woche kommt Annika wieder, oder? Ich habe doch gerade erst ein Puzzle mit ihr angefangen.’“
Für die Erzieherinnen sei es nicht immer leicht, wenn der Kita-Alltag nach einer solch furchtbaren Nachricht bald einfach weitergeht. „Die Gefühlswelt von Kindern kann von einer Sekunde auf die andere umschlagen. Gerade sind sie noch fröhlich, dann erinnern sie sich plötzlich an Annika und fangen an zu weinen.“
Die Erzieherinnen müssen weiterhin für die Schützlinge da sein
Die Herausforderung: Die Erzieherinnen müssen in beiden Gefühlswelten für ihre Schützlinge da sein.
Aber sie werden damit nicht alleingelassen, sagte Sabine Lethen. „Wir sprechen nach solchen Ereignissen viel miteinander und es gibt eine professionelle Trauerbegleitung.“
Wichtig sei auch, dass man Ventile schaffe, um der eigenen Trauer Ausdruck verleihen zu können. Das betrifft auch die Eltern der anderen Kinder. „Die Erzieherinnen haben Zettel mit Gebeten ausgelegt. Ein ‚Gebet to go‘ sozusagen. Das konnten die Eltern mitnehmen, einfach, um des Mädchens zu gedenken.“
Letzter Gruß an die kleine Annika
Am Donnerstag um 11 Uhr war die Beerdigung. Sabine Lethen war auch da. „Es war sehr bewegend. So viele junge Menschen sieht man selten auf dem Friedhof beisammenstehen“, sagt sie.
Zur selben Zeit leuchteten Hunderte kleine Lichter auf. In den 269 Kitas des Zweckverbands zündeten die Mitarbeiter Kerzen an. Als letzten Abschiedsgruß an die kleine Annika.
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