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Foodora-Fahrer (29) packt aus: In diesem Essener Stadtteil gibt es am wenigsten Trinkgeld

Foodora-Fahrer (29) packt aus: In diesem Essener Stadtteil gibt es am wenigsten Trinkgeld

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Stephan Gutknecht ist Fahrer bei Foodora in Essen. Foto: Marcel Storch
  • Sephan Gutknecht (29) fährt für Foodora Essen aus
  • Was sein bestes Trinkgeld war und wo es in Essen am wenigsten gibt
  • „Der Traum eines jeden Foodora-Fahrers“

Essen. 

Sie prägen das Stadtbild mittlerweile in den meisten Ruhrpott-Städten – die pinken Fahrrad-Kuriere des Lieferdienstes Foodora.

Stephan Gutknecht (29) ist einer von ihnen. Der Maschinenbau-Student aus Essen fährt neben seinem Studium für Foodora Essen aus. Er liebt seinen Job, weiß aber auch um die Probleme.

Wo er schon überall Kurioses hingeliefert hat, wo es das wenigste Trinkgeld gibt und wer so alles die Tür aufmacht, hat er DER WESTEN verraten.

Wie bist du zu dem Job bei Foodora gekommen?

„Ich habe vorher bei REWE einen Studentenjob gemacht, die hatten bis 24 Uhr offen, da wurde es oft halb 1, bis ich Feierabend hatte. Am nächsten Morgen hatte ich wieder Uni. Eines Tages kam ein Fahrer nach seiner Schicht dort einkaufen, ich war auf der Suche nach was Neuem und habe ihn angesprochen. Anschließend bin ich bei Foodora zum On-Boarding gegangen und arbeite seit mittlerweile eineinhalb Jahren für Foodora.“

Wie läuft normalerweise dein Arbeitsalltag ab?

„Ich arbeite als Werksstudent 20 Stunden pro Woche. Die verschiedenen Schichten kann ich mir einteilen, wie es passt. Wenn ich Dienst habe, geht es zum Login-Punkt am Rüttenscheider Stern, dort melde ich mich in der App an und kann dann Bestellungen annehmen. Dann weist die App mir per Algorithmus die Bestellungen zu. Ich hole sie im Restaurant ab und bringe sie zum Kunden.“

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Wie ist die Resonanz der Kunden? Gibt es da schon mal Ärger, wenn das Essen kalt ist oder lange auf sich warten lässt?

„Damit hatte ich eigentlich noch nie Probleme. Ich entschuldige mich dann immer gleich und erkläre, warum das so war. Aber es kann natürlich schon mal vorkommen, wenn ein sogenannter Doppel-Pick in zwei verschiedenen nahegelegenen Restaurants stattfindet und das zweite Restaurant noch nicht fertig ist, das Essen im Rucksack dann nicht mehr ganz so warm ist. Manchmal fallen dir die Leute dafür wieder um den Hals, wenn du ihnen das Essen bringst.“

Was war dein bestes Trinkgeld?

„Ich habe mal einen Zehner bekommen. Da habe ich dann nochmal nachgefragt: Wirklich? Jaja, das passt so, war die Antwort. Dabei war das keine Großbestellung gewesen. Da freut man sich natürlich. Im Schnitt kriege ich zwischen 200 und 300 Euro im Monat Trinkgeld. Klingt viel, aber frag mal eine Kellnerin, die verdient das schon mal an einem Wochenende.“

Wie kriegt man das meiste Trinkgeld?

„Nicht der schnellste Fahrer kriegt das meiste Trinkgeld, da gehört viel Glück dazu, an nette Leute zu geraten und kurze Lieferwege zu haben und damit viele Kunden zu beliefern. Manchmal gibst du die Bestellung ab und die Kunden sagen: ‚Danke, schönen Tag noch!‘ und werfen die Tür zu. Am Anfang hat mich das noch geärgert, aber Trinkgeld ist ja auch keine Pflicht.“

In welchem Essener Stadtteil gibt es am meisten Trinkgeld?

„Puh, das kann ich schlecht sagen. Am wenigsten wohl in Bredeney. Aber das kann man auch nicht verallgemeinern. Sicher ist: In Büros gibt es meist nichts. Da heißt es: Oh, ich hab kein Kleingeld.“

Der Stundenlohn bei Foodora soll bei 8,50 bis 10 Euro – mit Trinkgeld bei ca. 12 Euro – liegen. Findest du die Bezahlung okay?

„Ich finde, die Bezahlung ist fair. Man darf nicht vergessen, dass es keine Ausbildung braucht und keine Grundvoraussetzung außer körperlicher Fitness. Für Studenten ist der Job angenehm, weil man sich die Zeit so einteilen kann, wie es passt. Du bist dein eigener Boss. Und auf dem Rad kriege ich den Kopf super frei. Von daher kann ich es nur empfehlen.“

Trotzdem ist immer wieder von Problemen zu lesen. Was müsste deiner Meinung nach besser laufen?

„Die Kommunikation auf allen Ebenen – zwischen Foodora und dem Kunden, zwischen Foodora und dem Fahrer und zwischen Foodora und den Restaurants. Oft wenden sich Kunden an uns, wenn etwas mit dem Essen nicht passt oder fehlt. Auch Restaurants fragen bei Problemen wegen der App. Wir sind eben das Gesicht von Foodora, das einzige Gesicht. Aber wir sind eben nur die Fahrer – für alles andere gibt es einen Support.“

Du musst ja auch bei Wind und Wetter raus. Ist der Job nicht auch gefährlich?

„Man muss bei Wind und Wetter raus. Die Hitze ist eigentlich das Schlimmste. Im Monat komme ich so auf meine 600 bis 700 Kilometer. Gleich in meiner dritten Schicht habe mir bei einem Unfall auf nasser Straße die Hand gebrochen. Es gibt natürlich auch verschiedene Typen von Fahrern, ich bin eher ein defensiver, aber trotzdem einer der schnellsten in Essen. Es gab schon einen Kollegen, dem die Vorfahrt genommen wurde und der dann auf einer Motorhaube gelandet ist.“

Als Foodora-Fahrer kommt man wahrscheinlich auch ein bisschen rum. Was waren deine kuriosesten Lieferungen?

„Ich stand einmal plötzlich im Aufwachraum eines Essener Krankenhauses. Wo die Patienten gerade aus der Narkose aufwachen, hatten sich die Mitarbeiter etwas zu Essen bestellt. Das war etwas lustig. Cool waren auch zwei Lieferungen in den Knast. Nicht die Knackis, sondern die Wärter hatten sich ne Pizza bestellt, ich musste durch die ganzen schweren Sicherheitstüren, es war Totenstille. In Erinnerung ist mir auch eine Villa, wie aus einem James Bond-Film. Als ich ankam, ging erst ein Tor auf, dann ein zweites, dahinter eine Reihe von Luxuskarren. Das war wie im Film.“

Apropos Film: Der Klassiker in schlechten Erotikfilmchen ist die Hausfrau, die den Pizzaboten verführt. Fantasie der Porno-Industrie oder ein Funken Wahrheit?

„Der Traum eines jeden Foodora-Fahrers (lacht). Nein, das ist mir noch nie passiert und ich kenne auch keine Erzählungen darüber. Mir hat mal eine Frau im Bademantel geöffnet. Aber da war ich froh, als ich wieder weg war.“

Dieser Artikel erschien zuerst im Juni 2018 auf DER WESTEN.