Staus und Abgas-Alarm – A40-Sperrung lähmt Verkehr in Essen
Die Autobahnen 40 und 52 sind Richtung Bochum gesperrt. Die Verfüll-Arbeiten am alten Bergbauschacht laufen. Wir haben die Umleitungen getestet.
Essen.
Lange Staus in und um Essen: Die Sperrung der Autobahn 40 bei Essen wegen eines einsturzgefährdeten Bergbauschachts hat am Donnerstag für erhebliche Verkehrsprobleme in der Stadt gesorgt. „Die Umleitungsstrecken durch die Innenstadt sind überlastet. Immer wieder kommt der Verkehr zum Erliegen“, sagte ein Sprecher der Essener Polizei am Mittag.
Seit Mittwochabend ist die A40 zwischen dem Autobahndreieck Essen-Ost und der Anschlussstelle Essen-Frillendorf-Süd in Fahrtrichtung Bochum dicht; ebenso die A52 ab der Ausfahrt Essen-Bergerhausen. Ursache ist ein wieder entdeckter Bergbau-Erkundungsschacht aus dem Jahr 1847. Dieser muss verfüllt werden, um mögliche Tagesbrüche zu verhindern.
Tunnel stundenlang gesperrt – und ab Freitag nur einspurig
Am Donnerstag verschärfte sich besonders im Bereich der Essener Innenstadt die Situation: Wegen der hohen Menge an Auto-Abgasen im Tunnel hinter der Abfahrt Essen-Zentrum wurde dieser zwischenzeitlich gesperrt. Zwischen 11 und etwa 14 Uhr musste der Tunnel abgeriegelt werden. Mit Einsetzen des Alarms haben automatisch Schranken die Zufahrt versperrt. Fortan ruhte der Verkehr komplett – und zwar in beiden Richtungen. Bei einem Feueralarm werden beide Fahrtrichtung vorsorglich dicht gemacht.
Die Essener Feuerwehr rückte an, überprüfte die Anlage vor Ort, schaltete den Alarm ab und konnte Entwarnung geben. Laut Stadt hätten Untersuchungen gezeigt, dass wegen der Abgas-Konzentration zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Gesundheit der Autofahr bestanden hätte. Um die Abgas-Entwicklung im Tunnel unter Kontrolle zu halten, soll laut Stadt der Verkehr ab Freitag nur noch einspurig in Richtung Bochum durch die Unterführung rollen.
Änderung der Ampelschaltungen möglich – aber auch erfolgreich?
Auf den innerstädtischen Umleitungen ärgerten sich viele Autofahrer über unvorteilhafte Ampelschaltungen. Ob diese gegebenenfalls an die geänderte Verkehrslage angepasst werden müssen, war am Donnerstag im Rathaus zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. In der Pressestelle ging es zeitweise drunter und drüber, es tagte ein Krisenstab – aber nicht etwa wegen der Autobahnsperrung. Sondern wegen eines Bombenfunds im Norden der Stadt.
„Wir sind mit Hochdruck dabei, die Entschärfung dieser Bombe zu koordinieren“, sagte Sprecherin Nicole Mause am Mittag. „Natürlich haben wir aber auch Verständnis für die Situation der Autofahrer“. Doch alles gleichzeitig erledigen – das ginge halt nicht. Später hieß es seitens der Stadt, eine Änderung der Ampel-Zyklen sei möglich – allerdings sei der Erfolg dieser Maßnahme fraglich.
73 Minuten für anderthalb Kilometer – die Umleitung im Selbsttest
Wir haben am Donnerstagmorgen getestet, an welchen Stellen es trotzdem stockt und wie gut die Umleitungen Autofahrer zum Ziel führen. Eindrücke aus dem Berufsverkehr: Unser Reporter Tobias Appelt stand am Morgen mit seinem Auto auf der A52 an der Abfahrt Bergerhausen, von wo aus die Autos auf die Ruhrallee abgeleitet werden sollen. „Es ist hier schon extrem voll“, sagte er. „Normalerweise ist man hier in ein paar Minuten durch, aber ich steh‘ schon seit einer Viertelstunde.“
Die Umleitung ist an dieser Stelle durch rote Punkte markiert. Trotzdem spitzt sich die Lage immer wieder zu, überall genervte Gesichter. In den Ampel-Grünphasen kommen nur sehr wenige von der Abfahrt auf die Ruhrallee. Erstaunlich ist, dass auch viele Essener am Morgen in der immer länger werdenden Schlange stehen. Entweder können sie den Stau nicht umfahren, oder sie haben nicht an die Sperrung gedacht.
Insgesamt braucht unser Reporter am frühen Donnerstag etwas mehr als eine halbe Stunde, um die Sperrung der A52 zu umfahren. „Die Umleitung an sich funktioniert ganz gut“, so der erste Eindruck.
Einmal auf der Ruhrallee angelangt, fließt der Verkehr recht gut. Nur die Ampeln bremsen im innerstädtischen Bereich die Autos immer wieder aus. Auch an der Schönscheidtstraße, wo beide Umleitungen zusammentreffen, blieb der befürchtete Kollaps am Morgen aus. „Ich bin erstaunt, wie gut es in der Stadt läuft. Zwar ist es überall voller als sonst, aber man kommt doch relativ gut durch.“
Richtung Essener Innenstadt geht nichts mehr
In Frillendorf werden Autofahrer wieder auf die A40 geleitet. Obwohl nur zwei Kilometer Stau für die A40 gemeldet sind, geht schon gegen neun Uhr in Richtung Essener Innenstadt nichts mehr. Die Autos stehen dicht an dicht. An ein Vorankommen ist nicht zu denken. „Hier ist absoluter Stillstand“, berichtet unser Mann im Stau.
Mittlerweile liegen die Nerven der Autofahrer blank. Um schneller voran zu kommen, versuchen sie über den Standstreifen zu fahren. Das nervt die anderen Autofahrer, die entweder wild hupen oder versuchen die Drängler am Ausscheren zu hindern. Die Motorradfahrer versuchen derweil, sich zwischen den Autos durchzuschlängeln. Die Wartenden ihrerseits versuchen dies zu verhindern und schließen die Lücken.
„Gerade ist ein Autofahrer ausgestiegen, hat einen Aufstand gemacht und einen anderen Fahrer angeschrien“, sagt unser Reporter, der gerade mitten im Geschehen steckt. „Der Stau ist zwar nicht lang, aber er hat es wirklich in sich.“ Die Anwohner sind offenbar der selben Meinung: Sie beobachten das Chaos aus den Fenstern ihrer Wohnungen.
Über eine Stunde Fahrt für eineinhalb Kilometer
73 Minuten. So lange brauchen wir am Donnerstagmorgen bei unserer Test-Fahrt für die knapp zwei Kilometer lange Strecke von der Einfahrt des Tunnels auf der A40 bis zur Abfahrt Huttrop. Dort, auf der Steeler Straße, ist von Entlastung keine Spur. „Hier kommt einfach alles zusammen: Die Straße ist einspurig, Straßenbahnen, Busse, Müllabfuhr, der übliche Verkehr und die umgeleiteten Autos versuchen alle gleichzeitig über die Steeler Straße zu fahren.“ Wenn dann noch ein Auffahrunfall an der Abfahrt dazu kommt, oder ein 18 Meter langer Lkw eine Kreuzung blockiert – wie am Donnerstagvormittag -, wird die Lage zusätzlich verschärft. Hinzu kommt auch hier wieder die ungünstige Ampelschaltung. „Pro Grünphase kommen maximal zwei Autos rüber. Das macht wirklich keinen Spaß.“
Baustelle ist logistische Herausforderung
Um den Bergbauschacht richtig verfüllen zu können, führten Arbeiter auch am Donnerstag weitere Probebohrungen durch. „Es ist wirklich eine logistische Herausforderung, so eine Baustelle aus dem Nichts zu stampfen“, betonte Frank Theißing, Projektleiter von Straßen.NRW. Seine Bitte: „Autofahrer sollen die Stadt weiträumig umfahren und auch mehrere Kilometer Umweg in Kauf nehmen, um die Situation vor Ort zu entlasten. Nur, wer unbedingt nach Essen rein muss, sollte auf der A40 bleiben.“
Keine zusätzliche Belastung bei der Bahn
Die Züge auf der Strecke Dortmund-Duisburg waren am Donnerstag im Berufsverkehr gut ausgelastet, aber nicht überfüllt. Zwar scheinen einige Pendler auf den Zugverkehr auszuweichen, da aber Osterferien sind, machte sich die zusätzliche Last nicht allzu sehr bemerkbar.
Die Sperrung war nötig geworden, weil „akute Tagesbruchgefahr besteht“, wie Frank Theißing sagte. Seit Montag führten Arbeiter bereits Probebohrungen an der Huckarder Straße, direkt neben der A40 durch. Dabei fanden sie Holzstücke, Hohlräume und sogenannte Lockermasse – laut Theißen alles Zeichen dafür, dass der Schacht damals nicht ausreichend verfüllt wurde. Wegen des Gefährdungspotenzials seien die Autobahnen gesperrt worden.
Die Arbeiten am Schacht laufen bereits. Dazu bringen Arbeiter von Straßen.NRW ein Traggerüst direkt auf der Fahrbahn auf, welches die schwere Verfüllmaschine tragen soll. Von Donnerstag an soll der Untergrund der Autobahn verfüllt und verpresst werden, mit einer „dickflüssigen Baustoffsuspension, die sich selbst abbindet“. Zugleich gehen die Bohrungen weiter, um Schacht und lockere Verfüllung auszumessen – und um festzustellen, ob der Hohlraum bereits einwirkt auf das Deckgebirge.
Wie lange es bei der Sperrung bleibt, weiß in diesem Moment niemand zu sagen – nur, dass vor dem Ende der Ostertage nicht mit einem Abschluss zu rechnen ist, wurde inzwischen bestätigt. Der Landesbetrieb „Straßen NRW“ will auch über die Feiertage im Zweischichtbetrieb arbeiten. Die betroffene Stelle ist ein wichtiger Knotenpunkt und wird täglich von mehr als 120.000 Autos passiert. Das einzig Gute: In der Ferienzeit sind weniger Berufspendler unterwegs, sodass die Lage etwas entspannter ist.