Folkwang-Millionen für das Essener Stadion abgezweigt?
Bei der Finanzierung des Essener Stadions soll die Grundstücksverwaltung Essen kreativ vorgegangen sein. Die Geschäftsführung muss sich erklären.
Essen.
Das fragwürdige Finanzgebaren der Grundstücksverwaltung Essen (GVE) im Zusammenhang mit dem Neubau des Stadion Essen nimmt augenscheinlich skandalöse Züge an. Dem Geschäftsführer der städtischen Tochtergesellschaft, Andreas Hillebrand, wird vorgeworfen, er habe Millionen abgezweigt, um damit Löcher zu stopfen, die sich bei der GVE nach dem Bau des Stadions an der Hafenstraße aufgetan haben. Dessen Finanzierung ist offenbar aus dem Ruder gelaufen.
Nach Einschätzung der städtischen Beteiligungsverwaltung hat die GVE erhebliche Liquiditätsprobleme. Pikant: Das abgezweigte Geld war eigentlich als Rücklage für die bauliche Unterhaltung des Museum Folkwang gedacht. Sollte sich der Vorwurf bewahrheiten, dürfte Hillebrand kaum noch zu halten sein. „Hinsichtlich der Kosten für den Stadionneubau brauchen wir Klarheit. Mit jedem Tag, der vergeht, wird der Schaden für die Stadt größer“, so CDU-Fraktionschef Thomas Kufen. Dem Aufsichtsrat der GVE empfehle er auch arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen die Geschäftsführung zu prüfen.
Hillebrand wollte sich nicht äußern
Berthold Beitz, im Juli 2013 verstorbener Vorsitzender der Krupp-Stiftung, hatte die Einrichtung eines Treuhandfonds zur Bedingung gemacht, als die Stiftung der Stadt Essen 55 Millionen Euro für den Neubau des Museums Folkwang schenkte. Die Stadt hat sich daraufhin vertraglich verpflichtet, 2,1 Millionen Euro pro Jahr für die Instandhaltung zurückzulegen. Rund sechs Millionen Euro soll die GVE, die unter anderem den Museumsbau für die Stadt verwaltet, für andere Zwecke genutzt haben, auch für die Finanzierung des Stadions. „Vieles deutet daraufhin, dass es so ist“, heißt es von Seiten der Politik.
Andreas Hillebrand wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern und verwies auf die heutige Sitzung des Aufsichtsrates. Dort wird mit Spannung erwartet, was die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young zu Tage gefördert haben. Wie berichtet, reagierte die Beteiligungsverwaltung alarmiert darauf, dass die GVE zum Jahresende mit 8,6 Millionen Euro im Cash-Pool im Minus stand. Hatte Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve der Stadttochter doch zugestanden, maximal vier Millionen aus dem Topf zu entnehmen, sollte die Immobiliengesellschaft kurzfristig frisches Geld benötigen.
Es droht Ärger vom Finanzamt
Das Testat der Wirtschaftsprüfer für den Jahresabschluss 2013 steht nach wie vor aus. Laut GmbH-Recht müsste er jedoch längst vorliegen. Auch deshalb läuten bei der Stadt die Alarmglocken. Offen bleibt, ob allein der Stadionneubau die GVE in finanzielle Schieflage gebracht hat. Die genannten 59 Millionen Euro sind, was die reinen Baukosten angeht, indes zu hoch angesetzt. Mit eingeflossen sind darin jene Kosten, die der GVE 2010 durch die Ablöse von Forderungen des Sportrechtevermarkters Michael Kölmel gegenüber dem Verein Rot-Weiss Essen entstanden sind. Die Rede ist von 9,7 Millionen Euro. Die eigentlichen Baukosten belaufen sich nach WAZ-Informationen auf 46 Millionen Euro, drei Millionen kostete die GVE das Grundstück. Über die Kölmel-Millionen war der Aufsichtsrat informiert. Ob sämtliche Mehrkosten für den Stadionneubau durch politische Beschlüsse gedeckt waren, bleibt unbeantwortet.
Ärger droht der GVE derweil auch vom Finanzamt. Die Steuerbehörde wirft der Stadttochter verdeckte Gewinnausschüttung vor, da sie das Stadion zu günstig an Rot-Weiss Essen verpachtet habe und fordert deshalb eine Nachzahlung in sechsstelliger Höhe.
Gabriele Giesecke, Vorsitzende der Linksfraktion sprach gestern vom nächsten Skandal um eine städtische Beteiligungs Gesellschaft – und stellte die Frage nach der politischen Verantwortung.