Verblüffende Hintergründe! Wie das tragische Schicksal einer jungen Patientin Hunderte Menschenleben rettete
Die Uniklinik Essen ist führend bei der Blutstammzelltransplantation
Ein Team um Ärztin Katharina Fleischhauer hat durch jahrelange Forschung neue Erkenntnisse gewonnen
Am Anfang aber stand ein tragisches Ereignis
Essen.
Angefangen hat es mit einer jungen Patientin. 20 Jahre ist es her, dass diese Patientin nicht gerettet werden konnte – dafür aber Hunderte nach ihr.
„Die junge Frau war erst 20 Jahre alt und hatte Leukämie“, erzählt Ärztin Katharina Fleischhauer, die das Institut für Zelltherapeutische Forschung an der Uni-Klinik Essen leitet.
„Das hat uns alle sehr mitgenommen“
Sie erinnere sich noch gut, wie optimistisch sie und die Kollegen damals gewesen seien. Der Vater der jungen Patientin hatte Stammzellen gespendet, mit deren Hilfe die erkrankten Blutzellen seiner Tochter ersetzt werden sollten. „Die Eiweiße der Stammzellen passten eigentlich sehr gut zu denen der Patientin, die Prognose war gut“, erzählt Fleischhauer.
Doch dann stieß ihr Immunsystem die Zellen ab, wandte sich gegen gesundes Gewebe. Die 20-Jährige starb. „Das hat uns alle sehr mitgenommen“, sagt Fleischhauer.
„Ich bin es der Patientin schuldig, zu forschen“
Womöglich sei das der Anstoß für die intensiven Forschungen gewesen, die dann folgten. Sie und ihr Team wollte unbedingt wissen: Warum hat die Transplantation nicht geklappt? „Ich dachte irgendwie, dass ich es der jungen Patientin schulde, herauszufinden, was da los war“.
Tag und Nacht hätten sie damals gearbeitet. Jahrelang dauerte die Forschung. Inzwischen weiß Katharina Fleischhauer, warum die Transplantation nicht funktioniert hat.
Der Grund steckt tief in den Eiweißen der Stammzellen und hängt mit komplizierten Mechanismen zusammen. Sehr vereinfacht erklärt: Die Medizin war jahrzehntelang davon ausgegangen, dass bestimmte Eiweißgruppen (A, B, C und DR) von Spender und Patient zusammenpassen müssen, andere Eiweißgruppen (DP) aber vernachlässigt werden können und nicht unbedingt zusammenpassen müssen.
Paradigmenwechsel an den Kliniken
Nur: In manchen Fällen kann es fatal sein, wenn diese vermeintlich zu vernachlässigenden DP-Eiweiße, von denen es unterschiedliche Varianten gibt, nicht zusammenpassen. So war es auch bei der jungen Patientin, die trotz guter Prognosen starb.
„Inzwischen hat ein Paradigmenwechsel an den Kliniken stattgefunden. Jetzt untersuchen wir vor einer Transplantation auch die DP-Gruppen“, erklärt Fleischhauer.
Das bedeutet: Die Medizin kann jetzt viel besser geeignete Spender für Leukämie-Patienten finden – und damit vielen Patienten das Leben retten. Und das Team der Uniklinik Essen hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet.
Für ihre Arbeit hat die Medizinerin den Mechtild-Harf-Wissenschaftspreis der Knochenmark-Spenderdatei DKMS bekommen.
Ohne die eine Patientin wäre das alles vielleicht nie passiert. „Für die Angehörigen gibt es keinen echten Trost, das ist klar. Aber vielleicht hilft es, zu wissen, dass der Tod der Tochter nicht vollkommen sinnlos war“, sagt Katharina Fleischhauer.
Damit das Leben von Leukämie-Patienten gerettet werden kann, müssen möglichst viele Menschen Stammzellen spenden. Jeder einzelne kann dabei helfen: Hier gibt es weitere Informationen.