Essen.
Der Spaß ist geblieben, neu ist der latente Ernst. Kabarettist Mark-Uwe Kling wurde durch seine Känguru-Chroniken berühmt. Mehrere Preise sackte er mit seinen Schilderungen über das Zusammenleben eines Kleinkünstlers mit einem kommunistischen Beuteltier ein. Urkomisch war das, besonders in den Hörbüchern, in denen Klingt seinen beiden Protagonist herrlich authentisch Leben einhauchte. Das funktionierte auch wegen der Ich-Erzählung richtig gut. Genre-Grenzen kannten die Chroniken nicht.
Sein neues Buch „Qualityland“ hingegen schon. Düster-dystopisch ist das, aber ebenfalls zum Lachen. Doch anders als bei den Eskapaden rund um das Känguru bleibt hier das Grinsen manches mal wie versteinert im Gesicht hängen: Zu zeitkritisch ist seine Erzählung über das Leben in einem von Likes und Kaufrausch geprägten Zukunftsland, das nicht nur mit seiner Historie, sondern auch mit großen Teilen seiner Menschlichkeit abgeschlossen hat.
Peter Arbeitsloser ist ein Niemand
Momenten tourt Kling mit seinem Werk durch die Republik, machte am Montag Halt in der Lichtburg – ausverkauft. Peter Arbeitsloser ist ein Niemand. Nach der Trennung von seiner Freundin ist er auf der Like-Skala ganz unten angekommen. Selbstfahrende Autos fahren ihn nicht mehr wohin er will, seine Freunde meiden ihn aus Angst selbst geachtet zu werden. In dieser Welt ist der Schrotthändler eigentlich nutzlos. Gesetze verbieten das Reparieren kaputter Elektronik. Doch statt Androiden mit Schreibblockaden und widerspenstige Ipads in die Schrottpresse zu befördern, rettet Peter ihr Leben.
Als Peter Arbeitsloser eines Tages einen rosafarbenen Delphindildo von einem Online-Shop, der über Algorithmen vor dem Kunden weiß, was man eigentlich will, geliefert bekommt, merkt er wie fremdbestimmt sein Leben ist. Gemeinsam mit seinen Roboter-Freunden will er der Computerbestimmten Welt entfliehen – oder zumindest den Dildo umgetauscht bekommen.
Die Geschichte eines Roboters, der Präsident werden will
Wo es Kling bei den Lesungen und im Hörbuch der Känguru-Chroniken so wunderbar gelingt, seinen beiden Charakteren Authentizität zu geben, bringt „Qualityland“ seine Bühnenpräsenz an seine Grenze. Die unterschiedlichen Erzählstränge konzentriert Kling in der Lesung auf Peters Geschichte. Das gelingt. Die Rolle gleicht der des melancholischen Kleinkünstlers, hier geht er auf.
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Doch Qualityland erzählt eigentlich auch die Geschichte eines Roboters, der neuer Präsident des Landes werden möchte. Und die eines Politikers, der außer einen Namen – hier wortwörtlich, weil Nachnamen die Berufsbezeichnung der Eltern wiedergeben – nicht hat.
Ein guter Vorleser – mehr aber auch nicht
Wenn Kling seinen neuen Roman vorliest, dann ist er ein guter Vorleser. Mehr aber auch nicht. Manchmal denkt der Zuhörer leider. Denn wer erwartet, wie bei den Känguru-Chroniken fast schon ein Theaterstück, mindestens aber ein gutes Hörspiel zu erleben, wird bei „Qualityland“ etwas enttäuscht. Da das Werk an sich aber köstlich amüsiert, den Leser lachen und ihn kurz darauf über diese Reaktion erschrecken lässt, ist das Buch auf jeden Fall einen Kauf wert.
Qualityland zeigt, das Kling mehr kann als nur Kleinkunst – die perfekt als Hörspiel funktioniert. Er kann auch einen richtigen Roman. Nur Vorlesen muss er den dann nicht.
Hier kannst du die Lesung außerdem noch sehen:
17.Oktober: Stuttgart, Theaterhaus
18.Oktober: Köln, Theater am Tanzbrunnen
23. Oktober: Hamburg, Mehr! Theater am Großmarkt
23. Oktober: Bremen, Pier 2
25.Oktober: Düsseldorf, Tonhalle
Tickets und Infos gibt es hier.
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