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Darum haben viele Studenten Angst, am Rheinischen Platz zur U-Bahn zu gehen

Darum haben viele Studenten Angst, am Rheinischen Platz zur U-Bahn zu gehen

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Dunkel und unheimlich: Rund um die Unterführung am Rheinischen Platz in Essen hat sich die Drogendealer-Szene eingenistet. Foto: Peter Sieben
  • Dunkel, schlecht einsehbar: Viele Studenten, die pendeln müssen, versuchen die U-Bahn-Sation Rheinischer Platz zu meiden.
  • Die Drogen-Szene hat den Rheinischen Platz in Essen fest im Griff. Am hellichten Tag verkaufen Dealer dort ihren Stoff.

Essen. 

Ich hätte nie gedacht, dass es so einfach geht: Fünf Minuten sitze ich am Brunnen vor der U-Bahn-Station Rheinischer Platz. Es ist früher Nachmittag. Gerade, als ich aufstehen will, kommt ein junger Typ auf einem klapprigen Fahrrad angefahren: abgewetzter Wollpulli, zerbeulte Jeans.

„Haste mal was Kleingeld?“, fragt er. Und während ich im Portemonnaie krame, zischelt er: „Brauchste was zum Paffen?“ Er spricht so schnell und so leise, dass ich ihn zuerst kaum verstehe. „Was zum Paffen, oder sonst irgendwas?“, fragt er noch einmal.

„Ich hab eine benutzte Spritze in der Toilette gefunden“

Der Drogenhandel hat sich rund um die Unterführung am Rheinischen Platz etabliert. Oft stehen hier stundenlang junge Männer, erzählt mir Paula, die an der Uni Essen Germanistik studiert. Jeder wisse: Das sind Dealer. „Manchmal laufen plötzlich alle gleichzeitig weg“, sagt Paula. Vielleicht, weil gerade ein Polizeiauto in der Nähe ist, mutmaßt sie.

„Vor allem abends, wenn es dunkel wird, ist es schon unheimlich hier“, sagt sie, die in Mülheim wohnt und pendelt. Selbst am Tag ist es dunkel in der Unterführung. Das Funzellicht an der Decke wird in dem Rondell, von dem aus die Treppen nach oben und zu den U-Bahn-Gleisen führen, komplett geschluckt. Manchmal laufe sie lieber zur weiter entfernten Haltestelle Berliner Platz: „Damit ich da nicht runter muss“, sagt Paula.

Wer hier Drogen kauft, zieht sich mit seinem Stoff irgendwo auf den Campus oder in das Neubaugebiet Neue Mitte zurück. „Ich hab sogar mal eine benutzte Spritze in der Toilette gefunden“, erzählt Paula.

„Niemand soll in so einem Umfeld lernen müssen“

Das komme regelmäßig vor, weiß Uni-Sprecherin Beate Kostka: „Studierende oder Uni-Mitarbeiter finden immer wieder benutzte Drogen-Bestecke oder Spritzen auf den Toiletten.“

Das Thema brenne der Uni-Verwaltung unter den Nägeln. „Das ist kein Zustand. Wir haben unseren Studierenden gegenüber eine Verantwortung. Niemand soll in so einem Umfeld lernen und arbeiten müssen.“

Dealer können ungestört ihren Stoff verkaufen

Bei der Stadt ist das Problem bekannt. Seit Monaten gibt es immer wieder Gespräche mit der Uni. Geändert hat sich nichts. Die Dealer könnten völlig ungeniert ihren Stoff verkaufen – es störe sie ja keiner, sagt Kostka.

So wie der junge Typ auf dem Fahrrad, der erst wieder abzieht, als ich ihm klarmache, dass ich nicht „zum Paffen“ bei ihm kaufen will. Mitten am Tag am Rheinischen Platz.